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XPLORE-Wettbewerb in München Studierende erfinden neue Konzertformate

Klassik unklassisch zu präsentieren, darum ging es beim ersten XPLORE-Wettbewerb an der Münchner Musikhochschule. Unsere Reporterin war dabei, als die Studierenden ihre innovativen Konzertformate ausprobiert haben.

Lilli Eisenberg | Bildquelle: BR

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Freitagabend, das Finale des XPLORE-Wettbewerbs steht an: Auf der Bühne steht ein Spiegel, daneben ein Stuhl. Eine Studentin sitzt darauf, den Blick auf ihr Smartphone geheftet. Eine normale Proberaumsituation.

Dann erfährt das Publikum durch meterhohe Video-Projektionen an den Seitenwänden, was auf sie einprasselt: Ein Video mit politischem Inhalt, dann ein Konzertmittschnitt der Pianistin Yuja Wang, dann ein Blick in einen überfüllten Supermarkt. Das alles in schnellem Wechsel. Typisches Doomsrcolling. Reizüberflutung für Ohr und Auge.

Ein Konzert im Dunkeln

Lilli Eisenberg, die Studentin auf der Bühne, setzt sich schließlich ans Klavier. Die Projektionen verschwinden, der letzte Scheinwerfer erlischt. Nur auf den Tasten liegt ein Schimmer Blaulicht. Dann spielt sie eine Mazurka von Chopin.

Das Konzept geht auf, die Musik kommt wirklich anders an. Ein Dinner im Dunkeln – nur fürs Ohr eben. Mental sei es so für sie einfacher, erklärt Lilli Eisenberg nach dem Konzert. Sie habe weniger das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Technisch ist ihr Auftritt dennoch beeindruckend – Chopin so ganz im Dunkeln.

Dr. Sonja Stibi, Professorin für Musikvermittlung und Konzertdesign ist die Ideengeberin des Wettbewerbs. Es gebe so viele tolle Nachwuchsmusikerinnen und -musiker an der Hochschule, sagt sie. "Gleichzeitig erlebe ich aber auch eine Bewahrung tradierter Konzertformen." Deshalb habe sie den XPLORE-Wettbewerb ins Leben gerufen.

Andere Hochschulen veranstalten ähnliche Wettbewerbe

Die Idee ist nicht ganz neu. Drei Hochschulen in Deutschland – Detmold, Hamburg und Saar – haben bereits derartige Wettbewerbe oder Formate, bei denen Studierende sich als Künstler mit eigenen Botschaften jenseits der perfekten Reproduktion von Musikwerken ausprobieren dürfen. Parameter wie Licht, Dramaturgie, Requisiten, Medien, Teilhabe und Mobilität sollen und können neu überdacht werden – natürlich mit Fokus auf der Musik.

Wie originell und stimmig die Teilnehmenden mit diesen Parametern umgehen, sind wichtige Kriterien für den Jury-Entscheid. Diese besteht aus hochschulinternen und -externen Mitglieder und wählt aus 15 Bewerbungen nach zwei Runden drei Projekte ins Finale. Dort gibt es zudem einen Publikumspreis, mit 1000 € dotiert, den Lili Eisenberg erhält. Sie setzt sich damit gegen eine starke Konkurrenz durch.

Ein Konzert in der U-Bahn

Bemerkenswert ist etwa auch das Konzept "MetrOstinato" von Henrike Legner und Ophelia Flassig. Hier geht es um Alte Musik und um die Münchner U-Bahn. Ganz unverhofft erhielten Fahrgäste der U3 im Vorfeld zum Finale so ein "Mosaik-Konzert": So begann bei der Machtlfinger Straße ein Barockcello mit einem Ostinato, bei der nächsten Station kam ein Instrument hinzu, bis die Fahrgäste schließlich bei der Brudermühlstraße eine Chaconne von Henry Purcell in voller Besetzung inklusive Tänzerin genießen konnten. Genauso wie nun auf der Bühne in der Reaktorhalle - in wilder Interaktion mit dem Video dieses U-Bahnkonzerts.

Über die Existenz, die großen Fragen, wo komme ich her, wo gehe ich hin, möchte dann der letzte Beitrag des Abends "EndlichkeitsRausch" von Sarah Luisa Wurmer ästhetische Anregungen geben. Die Trias zwischen ihr als Zither-Spielerin, Sängerin Lena Kühn und Schauspielerin Emma Stratmann bewegt sich um das Publikum, das auf der Bühne Platz nimmt. Düster bis heiter sind dabei die Texte von Sören Sarbeck. Dazu passt die Musik von Leon Zmelty.

Sarah Luisa Wurmer liebt zwar Konzerte mit den gängigen Spielregeln, findet aber wie ihre Mitstreiterinnen einen besonderen Wert in innovativen Konzertformaten. "Ich fühle mich noch ehrlicher, wenn ich so innovative Konzertformate machen kann, weil ich dann noch mehr von dem, was ich im Kopf habe, wenn ich ein Programm zusammenstelle, transportieren kann", erklärt sie.

Sendung: "Leporello" am 21. Mai ab 16:00 Uhr auf BR-KLASSIK

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