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Kritik - Zubin Mehta in der Isarphilharmonie Ungebrochene Neugier

Mit einem Brahms-Zyklus starten die Münchner Philharmoniker ins neue Jahr. Dafür haben sie sich ihren Ehrendirigenten Zubin Mehta ans Pult geholt. Schon das Auftaktkonzert am Dienstag in der Isarphilharmonie zeigte deutlich: Mehta ist in München unangefochtener Publikumsliebling.

Zubin Mehta | Bildquelle: Simone Donati

Bildquelle: Simone Donati

Im Münchner Musikleben ist Zubin Mehta schon lang eine kaum wegzudenkende Konstante. Und dies keineswegs nur wegen seiner Zeit an der Bayerischen Staatsoper, wo der Ex-Generalmusikdirektor selbst nach seinem Dienstende 2006 bis heute regelmäßig am Pult zu erleben ist. Deutlich länger dauert allerdings noch seine künstlerische Beziehung zu den Philharmonikern, wo er 1987 erstmal ein Konzert leitete und 2004 zum ersten und bislang einzigen "Ehrendirigenten" des Orchesters der Stadt ernannt wurde. Zwanzig Jahre später – und nach gleich vier während dieser Ära amtierenden Chefdirigenten – wird das runde Jubiläum nun im Januar mit einem Brahms-Zyklus gefeiert. Vier Programme in der Isarphilharmonie, in deren Rahmen zusätzlich zu den Symphonien ebenfalls die großen Instrumentalkonzerte des Komponisten erklingen.

Das Münchner Publikum bejubelt Zubin Mehta

An seinem Status als unangefochtener Publikumsliebling ließ da schon die Reaktionen auf den ersten Abend kaum einen Zweifel. Weder der stürmische Auftrittsapplaus, mit dem er bereits vor der ersten Note begrüßt wurde, noch die stehenden Ovationen, die der Saal ihm am Ende bereitete. Jubel, der aber nicht nur einem beachtlichen Lebenswerk galt. Denn angesichts dieser eindringlichen Interpretation der dritten Symphonie war hier wenig von einer im Karriereherbst gern klischeehaft beschworenen Altersmilde zu spüren. Auch mit mittlerweile naturgemäß etwas sparsamerer Gestik vermochte Mehta seinen Vorstellungen von der Partitur gerade in den rahmenden Sätzen sehr wohl den nötigen Nachdruck zu verleihen und den Spanungsbogen über die volle Distanz aufrecht zu erhalten. Wobei neben seiner Vertrautheit mit Brahms vor allem die musikalische Prägung zu spüren war, die er als junger Dirigent in Wien erfahren hat.

Zubin Mehta, der große Genießer

Wie von ihm nicht anders gewohnt, präsentierte sich Mehta auch an diesem Abend wieder einmal als der große Genießer, der mit breiten Tempi in satten Klangfarben malt und mit großer Neugier genau ins Orchester hineinhört. Dies war unter anderem beim sensiblen Umgang mit den Holzbläsern zu spüren, die er nicht nur im langsamen Satz perfekt in Szene zu setzen wusste. Womit er den Respekt, den ihm das Orchester entgegenbrachte, dankbar erwiderte.

Klicktipp: Interview mit Zubin Mehta

Den ersten Kontakt mit den Symphonien von Johannes Brahms hatte Zubin Mehta in seiner indischen Heimat. Im Interview mit BR-KLASSIK spricht der Dirigent über seine andauernde Liebe zu Brahms. Und warum es wichtig ist, auch mit den Augen zu dirigeren.

Lisa Batiashvili und Gautier Capuçon musizieren auf Augenhöhe

Auf Augenhöhe musiziert wurde aber auch zuvor bereits beim Doppelkonzert für Violine und Cello, für das mit Lisa Batiashvili und Gautier Capuçon ein kammermusikalisch geschultes Duo aufgeboten war, das sich dem Werk mit viel Liebe zum Detail widmete. Obwohl Mehta mit 87 sogar noch einmal ein Jahr mehr Lebenserfahrung in die Waagschale werfen kann als die beiden kombiniert, war hier ein gegenseitiges Geben und Nehmen zu erleben. Stets in konzentriertem Blickkontakt zwischen dem Dirigentenpult und den beiden Soloinstrumenten, die – ganz im Sinne von Brahms – phasenweise zu einer Stimme zu verschmelzen schienen, gleichzeitig aber ausreichend Gelegenheit geboten bekamen, um ihre individuellen Qualitäten virtuos zu demonstrieren.

So ließ etwa Capucon sein Cello zu Beginn des Kopfsatzes noch sonor schnurren, bevor er vor allem im Dialog mit seiner Geigen-Partnerin zu lieblich zarten Tönen fand. Und auch Batiashvili ließ es neben filigran gesponnenen Phrasen nicht an der nötigen Autorität mangeln, um sich bei diesem freundschaftlichen Kräftemessen zu behaupten. Wachsam beobachtet und einfühlsam begleitet von Mehta, dessen ungebrochenen Tatendrang man einfach nur neidlos bewundern muss.

Sendung: "Allegro" am 10. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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Mittwoch, 10.Januar, 12:40 Uhr

Hans Peter Schratt

Mehta in München

Mehtas Beziehung zum Staatsorchester ist durchaus älter, als der Kommentator vermutet: wir haben ihn bereits ca. 1973 in einem Akademie-Konzert erlebt, wobei er vor "Threnos" von Penderecki eine Einführung zum besseren Verständnis sprach ("Schauen Sie nicht, was wir machen, sondern hören Sie einfach zu"). Berühmt war Mehta schon damals, und ich möchte nicht ausschließen, dass er auch noch früher in München dirigiert hat.

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