Die Entwicklung der Zwölftonmusik - sie ist nur ein Teil seines Werks. Arnold Schönbergs Schaffen als Vater der "Neuen Musik" ist so umfangreich wie vielfältig. Zu seinem 150. Geburtstag kommt das 500 Seiten starke Handbuch des Metzler/Bärenreiter Verlags gerade recht.
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"Neue Musik ist niemals von allem Anfang an schön", sagte Arnold Schönberg im März 1931 in einem Rundfunkvortrag über zeitgenössische Musik. Und fügte hinzu: "Sie wissen, dass nicht nur Mozart, Beethoven und Wagner mit ihren Werken anfangs auf Widerstand stießen, sondern dass auch Verdis Rigoletto, Puccinis Butterly und sogar Rossinis Barbier von Sevilla ausgepfiffen wurden." Damals, 1931, war Schönberg auf dem Höhepunkt seiner Bekanntheit in Deutschland und Österreich angelangt. Als Kompositionsprofessor an der Berliner Musikhochschule und preußischer Beamter genoss er hohes Ansehen und Anerkennung. Trotzdem war seine Musik vielen noch immer fremd.
"Populär oder zumindest etabliert waren vor allem die tonalen Frühwerke, also noch nicht der echte, aber der 'schöne' Schönberg, wie ein Rezensent über eine Aufführung des 1. Streichquartetts in Berlin schrieb. Der 'echte' Schönberg wurde im besten Fall respektiert."
Um sich das Komponieren mit Zwölftonreihen zu erleichtern, bastelte sich Schönberg sogenannte "Reihenschieber". | Bildquelle: © Arnold Schönberg Center, Wien Tobias Janz stellt in seinem Aufsatz über die Zeit von 1926 bis 1933 diesen eigentümlichen Widerspruch in Leben und Werk von Arnold Schönberg heraus und erklärt auch die Besonderheiten von so eigenwilligen Musiktheaterwerken wie "Erwartung" oder "Die glückliche Hand". Wie schon 15 Jahre zuvor mit seinem Sprung in die Freitonalität gelingt es Schönberg auch in den 1920er-Jahren immer wieder stilistisches Neuland zu betreten und seine herausgehobene Stellung als Avantgardist zu behaupten.
"Schönbergs erste zwölftönig komponierte Oper ist nicht Moses und Aron, sondern der etwa eine Stunde dauernde Einakter 'Von heute auf morgen'. Der Kontrast zwischen diesen zwei Opern der Berliner Jahre könnte kaum größer sein. Und doch kann man in ihnen je spezifische Antworten des Komponisten auf die Frage nach einer zeitgemäßen Oper sehen."
Der Komponist Arnold Schönberg (1874-1951) beim Dirigieren des Rundfunk Sinfonie Orchesters Berlin. | Bildquelle: picture-alliance/dpa 18 Autorinnen und Autoren haben für das Schönberg-Handbuch Aufsätze verfasst, die Leben und Werk des zentralen Neuerers der Musik, der am 13. September 1874 in Wien geboren wurde, in acht zeitlichen Abschnitten und 14 thematischen Kapiteln porträtieren. Dabei sind nicht nur Kapitel bedeutend, die die Zwöfltonlehre erläutern, sondern genauso jene, die den Anfängen von Schönbergs Komponistenlaufbahn gewidmet sind. Denn sie machen deutlich, wie es überhaupt dazu kam, dass er die Tonalität hinter sich lassen zu müssen glaubte, etwa in seinem 2. Quartett nach dem Gedicht "Entrückung" von Stefan George mit dem berühmten Satz: "Ich fühle Luft von anderen Planeten."
"Schönberg hat später angedeutet, er habe mit diesem Satz die Loslösung von der Erdanziehung und die Abreise von der Erde zu einem anderen Planeten ausmalen wollen."
Dabei kennzeichnet Schönbergs Komponieren nicht nur die Radikalität in der Gleichberechtigung der Dissonanz, wie er es nannte, sondern genauso seine Innovationen im Bereich der Gattungen, wie etwa in seinem Monodram "Erwartung" oder im Melodram "Pierrot lunaire" für kleines Ensemble mit einer musikalisierten Sprechstimme.
Fülle und Komplexität von Schönbergs Leben und Werk wird dieses 500 Seiten starke Handbuch beispielhaft gerecht. Es bietet so anschaulich und nachvollziehbar Grundlagen für ein besseres Verständnis von Schönbergs Werk und seiner herausgehobenen Bedeutung für die moderne Musik im 20. Jahrhundert. Dabei genügen die Porträts, Werkbetrachtungen und Analysen wissenschaftlichen Ansprüchen ebenso wie sie für interessierte Laien lesbar sind - ein gelungener Spagat.
Schönberg Handbuch
Herausgeber: Andreas Meyer, Therese Muxeneder, Ullrich Scheideler
Verlag J.B. Metzler, Bärenreiter-Verlag
ISBN 978-3-476-05964-2
516 Seiten, gebunden
99,99 Euro
Sendung: "Allegro" am 24. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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