Die Münchner Philharmoniker trennen sich von ihrem Chefdirigenten Valery Gergiev. Seine positive Haltung gegenüber Russland und Präsident Putin habe er auf Anfrage der Stadt nicht überdacht, sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter am Dienstagvormittag. Die Bayerische Staatsoper und die Hamburger Elbphilharmonie ziehen nach.
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Der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev wird mit sofortiger Wirkung entlassen. Das beschließt Oberbürgermeister Dieter Reiter am 1. März 2022. Reiter hatte dem Dirigenten aufgrund seiner Putin-Nähe ein Ultimatum gesetzt: Bis Montagabend, dem 28. Februar, sollte er sich "eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg" distanzieren, den "Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt". Zu dieser Aufforderung hatte sich Gergiev nicht geäußert, sodass er nun keine Konzerte mehr an der Isar dirigieren wird. Auf Anfrage von BR-KLASSIK gibt es aus dem Orchester keine ergänzenden Äußerungen zur Entscheidung von Oberbürgermeister Dieter Reiter. Er spreche für die Stadt München und damit auch für das Orchester, so Management-Direktor der Münchner Philharmoniker Christian Beuke.
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Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter kündigt Zusammenarbeit mit Chefdirigent der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev auf. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Valery Gergiev sieht sich nun wegen seines Schweigens einer Reihe von Absagen konfrontiert. Nicht nur die Münchner Philharmoniker kündigen die Zusammenarbeit auf, auch die Münchner Künstleragentur Felsner Artists, die Mailänder Scala, Häuser in Österreich, Holland und Großbritannien sowie das Verbier Festival treffen diese Entscheidung. Das Lucerne Festival erklärt: "Angesichts der völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen Russlands setzen wir ein klares Zeichen der Solidarität für die Menschen in der Ukraine." Und auch Rudolf Buchbinder, künstlerischer Leiter des österreichischen Grafenegg-Festivals, erklärt die Zusammenarbeit mit dem langjährigen künstlerischen Partner Gergiev für aufgehoben.
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Zur Stunde äußert sich der Intendant der Bayerischen Staatsoper Serge Dorny auf Twitter: "Aufgrund des schrecklichen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine und einer fehlenden ausreichenden Distanzierung von Valery Gergijev und Anna Netrebko wird die Bayerische Staatsoper die bestehenden Engagements annullieren." Auch die Hamburger Elbphilharmonie schließt sich den Konzertabsagen mit Valery Gergiev als Dirigenten an und verzichtet auf die im Mai geplanten Konzerte mit dem Chefdirigenten des Mariinski-Theaters.
Dirigent Christian Thielemann äußert sich am Mittwoch in Dresden zu den Absagen seines Kollegen Gergiev. Nach eigenen Angaben kenne er den Russen gut, erlebe ihn als einen großartigen Dirigenten. Ihm tue es darum sehr leid, wenn seine künstlerischen Leistungen nicht mehr zu hören seien. "Mir fehlt bei dieser Diskussion ein bisschen der menschliche Aspekt", sagt Thielemann.
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Sendung: "Leporello" am 1. März 2022 ab 16.05 Uhr