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Jazz-Gitarristin Mary Halvorson Tiefblaue Noten

Durch ihren eigenwilligen, auf leise Art kompromisslosen Stil ist die Gitarristin Mary Halvorson mit 43 an der Spitze der internationalen Jazzszene angekommen. Am 24. Januar tritt sie in München auf, präsentiert von BR-KLASSIK.

Jazz-Gitarristin Mary Halvorson im Jahr 2021 | Bildquelle: Julian Parker

Bildquelle: Julian Parker

Tausend Menschen im Saal und nur zwei auf der Bühne. Ein weißhaariger, sanft lächelnder Gitarrist, dem man auch aus den weitentfernten Besucherrängen seine Introvertiertheit ansieht und eine zierliche Musikerin, fast vollständig verdeckt von einer riesig erscheinenden, halbakustischen Gitarre. Viel sieht man nicht von ihr, aber man hört sie! Filigrane Töne produziert sie - logisch, und dabei komplex verwoben - wie in einem aufwändigen Spinnennetz. Alle Einzelnoten und Akkorde tragen zur Architektur dieser Duo-Improvisation bei. Sie liefert die Statik, er umspielt die feinziselierte Struktur mit schwirrenden Tönen. Man sieht Vögel vor dem inneren Auge, die um einen Kirchturm segeln.

Er, Bill Frisell, sie, Mary Halvorson, waren 2018 beim grandiosen Albschlusskonzert des Jazzfests Berlin. Da spielten die beiden Gitarrenstars unterschiedlicher Generation eine gemeinsame Zugabe: aus einer Improvisation heraus entwickelte sich bei ihnen Claude Debussys „Das Mädchen mit den flachsblonden Haaren“ zu einem faszinierenden, jazzigen Gebilde.

Von den Beach Boys und Jimi Hendrix bis Claude Debussy

Ziemlich weit reicht der Horizont von Mary Halvorson. Am 16. Oktober 1980 kam sie in Boston zur Welt und wuchs in einer musikinteressierten Familie auf. Eine frühe musikalische Erinnerung ist, wie sie zu einer Kassette mit Songs der Beach Boys sang. Das Spiel von Jimi Hendrix brachte sie zur Gitarre, da war sie elf Jahre und schon bald kam der Jazz in ihr Leben. Ihr erstes Album war eines von der kantigen Klavierlegende Thelonious Monk. Auch so ein unverkennbar Eigensinniger.

Solche Menschen mit besonders starkem persönlichem Musikverständnis haben Halvorson immer geprägt und inspiriert, der Avantgarde-Saxophonist und kompositorische Neu-Denker Anthony Braxton gehört dazu, aber auch Pianist Jason Moran, Saxophonist John Zorn oder die aus dem Münsterland stammende, aber seit Jahren in New York lebende Saxophonistin Ingrid Laubrock. Oder auch die Schweizer Pianistin Sylvie Courvoisier, mit der Halvorson 2023 das Jazzfest Berlin eröffnete. Eine Jazz-Kammermusik spielten die beiden, in der zeitweise völlig frei interagiert wurde, dann aber auch herrlich satt gegrooved wurde.

Ultramarin - blaue Musik

Musik, die keine Angst vor Konventionen hat, die aber alles andere als beliebig ist, so eine macht Mary Halvorson. Sie wirkt beim Musik machen äußerst konzentriert, scheint ganz versunken im komplexen Notentext, dabei ist sie aber in jeder Sekunde hellwach, um blitzschnell zu reagieren. Mit ihrem aktuellen "Amaryllis Sextet" hat sie diese kammermusikalisch-interaktive Art des Miteinanders auf ein sechsköpfiges Ensemble übertragen. Auf die Frage, welche Farbe Halvorson ihrer Musik geben würde, antwortete sie in einem Interview "ultramarin". Dieser tiefblaue Farbton passt bestens zu den Tönen des Amaryllis Sextets. Die Klangfarben dieser Band schlagen eine Brücke zwischen der Jazztradition und der Neuen Musik. Mit Schlagzeug, Kontrabass, Vibraphon, Trompete, Posaune und Gitarre ist diese Band besetzt, und auch hier ist der weite Horizont ein Markenzeichen. Diese Musik ist mal lässig bluesig, rockt auch mal mit kantigem Drive los, aber in dieser Musik können sich auch diffuse Klangwolken in Zeitlupe aufbauen, verschieben, auftürmen und wieder zerfließen.

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Mary Halvorson - Night Shift (Live at Roulette in Brooklyn) | Bildquelle: Nonesuch Records (via YouTube)

Mary Halvorson - Night Shift (Live at Roulette in Brooklyn)

Erstes Deutschland-Konzert in München

"Cloudward" heißt das zweite Album des Amaryllis Sextets und es erscheint in diesen Tagen. Die Band präsentiert die Musik des Albums live bei einer ausgedehnten Europatournee. "Das Wichtigste, was ich beim Schreiben dieser Musik empfand", sagt Mary Halvorson, "war Optimismus." Das erste Deutschlandkonzert mit diesen optimistischen Klängen findet am 24. Januar 2024 in der Münchner Muffathalle statt und BR-KLASSIK zeichnet das Konzert auf. Am 19. Januar verlosen wir in Leporello 3x zwei Karten. Wenn Sie dabei sein wollen, schalten Sie ein.

Sendungen:

"Leporello" am 23. Januar 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Jazztime" am 08. März 2024 ab 23:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Mary Halvorson Amaryllis Sextet im Konzert:

24. Januar 2024, Muffathalle München, Einlass 19.30, Beginn 20.30 Uhr
Am 8. März 2024 können Sie Ausschnitte aus dem Konzert in der Sendung "Jazztime" hören.

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