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Zum Tod von Saxophonist Axel Kühn Teamplayer und Alleskönner

Saxophonist Axel Kühn war mit seinem kernigen Ton und seiner überragenden Technik jahrzehntelang eine prägende Figur der deutschen Jazzszene. Am 11. Juni starb der Saxophonist nach schwerer Krankheit zwei Monate vor seinem 61. Geburtstag.

Saxophonist Axel Kühn | Bildquelle: Lena Semmelroggen

Bildquelle: Lena Semmelroggen

"Showermusic" - Musik zum Duschen. Es braucht schon eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und Humor, wenn man ein Projekt und das dazugehörige Album so nennt. Eigentlich möchte doch niemand "Musik zum Duschen" komponieren, spielen und hören. Das kann doch nur nach seichtem Perlen und eingeseiftem Tröpfeln klingen. Aber wenn man den Namen Axel Kühn auf dem Album las, war klar, hier gibt es Hochklassiges.

Grammy-nominiert am Nebeninstrument

Axel Kühn, Saxophon | Bildquelle: BR / Ulrike Kreutzer-Schertler Er war auch ein herausragender Bassklarinettist: Axel Kühn | Bildquelle: BR / Ulrike Kreutzer-Schertler Axel Kühn war ein saxophonistischer Überflieger. Kein 32-stel-Lauf war ihm zu schwer, keine Phrase zu vertrackt, kein krummer Rhythmus zu kompliziert. Technisch musste man weit gehen, um eine Musikerin oder einen Musiker zu finden, die oder der ihm das Wasser reichen konnte. Dabei war Axel Kühn ein absoluter Allrounder und eine holzbläserisches Chamäleon. Mühelos wechselte er zwischen den beiden meistverwendeten Instrumenten der Saxophonfamilie: Alt- und Tenorsaxophon. Das größere und tiefere, das Tenorsaxophon, war aber sein Hauptinstrument, dabei wurde er 2004 als Altsaxophonsolist mit der SWR Big Band für das Arrangement des Jazzklassikers "Autumn in New York" für einen Grammy nominiert. 2023 gewann er dann mit der SWR Big Band einen Grammy für das Arrangement "Scrapple from the Apple".

Immer hatte er eine virtuose Mühelosigkeit in seinen Linien. Ohne Anstrengung und absolut verlässlich spiele er schwierigstes Repertoire. Dazu kamen aber bei ihm die Nebenschauplätze Klarinetten und Querflöten. Es schien nie, als müsste er sich abmühen mit diesen Zusatz-Instrumenten, die in der Bigband für den Saxophonsatz obligatorisch sind. Er war einfach ein über alle Limitierungen erhabener Musiker.

Münchner mit hessischen Wurzeln

Am 12. August 1963 kam Axel Kühn in Darmstadt zur Welt. In Graz begann er seine Saxophonstudien 1985, ging dann aber nach München, um von 1986 bis 1988 bei Jürgen Seefelder zu studieren und am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium einen staatlichen Abschluss zu machen. In dieser Zeit war er auch schon gefragt als Mitglied im Saxophonsatz der Bigbands von Schlagzeuger Harald Rüschenbaum und vom amerikanischen Trompeter Al Porcino, der 1977 nach München gezogen war. 1992 holte ihn Pianist Thilo Wolf in seine Bigband und fast 30 Jahre spielte Axel Kühn in diesem Ensemble.

Aber nicht nur in großen Jazzformationen war Axel Kühn aktiv. 1993 veröffentlichte er ein erstes Album mit dem Quintett "Connection". Mit dieser Band, in der Trompeter Claus Reichstaller, Bassist Paulo Cardoso, Schlagzeuger Mario Gonzi und zu Beginn Pianist Tizian Jost und später Oliver Kent spielten, gab es auch mehrere Konzertaufzeichnungen mit dem Bayerischen Rundfunk. Im BR Fernsehen war Axel Kühn immer wieder zu erleben, über zehn Jahre hinweg etwa war er Mitglied in der Hausband von "Gründwalds Freitagscomedy".

Heimat in der SWR Big Band

Im Jahr 2000 erfolgte Kühns vielleicht bedeutendste Anstellung, zunächst als Altsaxophonist, später als Tenorsaxophonist bei der SWR Big Band. Hier konnte er mit seiner Vielseitigkeit, aber auch seinem solistischen Ausdruckswillen glänzen. Das große Talent von Axel Kühn als hingebungsvoller und engagierter Teamplayer voll zur Geltung.

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Strike Up The Band I SWR Big Band I DAS HEIMSPIEL I 10.000 Subsribers | Bildquelle: SWR Big Band (via YouTube)

Strike Up The Band I SWR Big Band I DAS HEIMSPIEL I 10.000 Subsribers

Kolleginnen und Kollegen behandelte er immer fair und respektvoll, sei es auf der Bühne oder abseits davon, bei Gagenverhandlungen oder in Krisengesprächen. Axel Kühn hatte musikalisch einen ganz weiten Horizont. Im BR-Archiv finden sich Aufnahmen von Neuer Klassischer Musik mit ihm, aber er spielte auch mit Liedermacher Konstantin Wecker oder Nuschel-Sänger Udo Lindenberg. Kühn mochte NuJazz und Souljazz und entspannt-elektronische Klänge, genauso wie Old-School-Swing oder poppig-schmachtende Saxophontöne. Sein Projekt "Showermusic", 2003 ins Leben gerufen, war so ein lässiger Genre-Mix.

Kühn und Kühn

Im Quartett "Very Kühn" mit seinem Namensvetter, dem 18 Jahre jüngeren Kontrabassisten Axel Kühn, lag der Fokus dann wieder stärker auf modernem Jazz. Diese Band hatte nicht nur Wortwitz im Namen, sie bestach auch durch tolle Kompositionen der beiden Kühns.

Auch als Lehrer trat Kühn in Erscheinung: An der Münchner Hochschule für Musik und Theater hatte er einen Lehrauftrag, außerdem veröffentlichte er Querflöten-Schulen mit Fokus auf Pop und Jazz. 2014 trat der Saxophonist dann eine Professur an der Freiburger Musikhochschule an, aber die Lehrtätigkeit hielt ihn nicht davon ab, immer noch mit den unterschiedlichsten Ensembles auf den europäischen Jazzbühnen zu stehen.

Axel Kühn ist am 11. Juni 2024, zwei Monate vor seinem 61. Geburtstag, nach längerer schwerster Krankheit gestorben. Die Jazzszene Deutschlands trauert um einen ihrer prägendsten Musiker.

Sendung: Jazztime am 17. Juni ab 23.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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