Der französische Barockkomponist Marc-Antoine Charpentier schrieb nicht nur die Eurovisions-Fanfare, sondern auch für die Zeit der Vorbereitung auf Advent und Weihnachten stimmungsvolle sakrale Kompositionen, die in mitternächtlichen Gottesdiensten aufgeführt wurden: Musik voller Fantasie, Licht und volkstümlicher Anmut.
Bildquelle: Harmonia Mundi
Glück muss man haben im Leben, zur rechten Zeit den richtigen Leuten begegnen und offen für Überraschungen sein. Diese Kombination ist der allerbeste Weg zum Erfolg. Wie bei dem französischen Barockkomponisten Marc-Antoine Charpentier.
Ursprünglich wollte er Malerei studieren. Deswegen zog er 1665 nach Rom. Doch dann kam alles anders: In der Ewigen Stadt begegnete er dem berühmten Komponisten Giacomo Carissimi. Der entdeckte Charpentiers andere große Begabung: Die Musik. Der junge Mann tauschte Skizzenblock und Leinwand gegen Notenpapier, wurde Carissimis Kompositionsschüler – und später dann einer der erfolgreichsten Komponisten im Paris des 17. Jahrhunderts.
Charpentier war breit aufgestellt: Er schrieb Instrumentalmusik, Opern, Schauspielmusiken und zahlreiche geistliche Werke für verschiedenste Anlässe. Beispielsweise sogenannte Mitternachtsmessen, stimmungsvolle sakrale Werke zur Vorbereitung und Feier der Advents- und Weihnachtszeit bei nächtlichen Gottesdiensten.
Dass Charpentier wusste, wie man mit Musik Gefühle erzeugt und Menschen ganz unmittelbar berührt, davon zeugt eine neue, exquisite Aufnahme einer dieser Mitternachtsmessen, die das Ensemble Correspondances unter seinem Leiter Sébastien Daucé gerade eingespielt hat. Charpentiers Trick: Er mischt immer wieder Volksmusik der Zeit in seine Kompositionen. Das sorgt für Anmut und einen fast naiven Ausdruck der Freude. Nicht um scheue Ehrfurcht vor dem Mysterium des Glaubens soll es hier gehen, sondern um Nahbarkeit und um volkstümliche Glücksmomente.
Wo genau diese Mitternachtsmessen aufgeführt wurden, das ist nicht überliefert. Möglicherweise bei den Pariser Jesuiten, für die Charpentier arbeitete. Oder auch im ganz kleinen Rahmen im Palais einer Mäzenin, der er lebenslang verbunden war. Die delikate Präsentation durch das Ensemble Correspondance setzt ganz auf kammermusikalische Transparenz, verwirft die große Attitüde – und trifft damit genau den Kern dieser Musik, die in ihrer Stärke nichts anderes braucht als Schlichtheit.
Der heutige Totensonntag ist der Ausklang des Kirchenjahrs. Danach beginnt mit dem 1. Advent ein neues – voller Hoffnung und in Vorfreude auf das Weihnachtsfest. Die Dunkelheit weicht. Dazu passt Musik, die leuchtet und wärmt. Wie die Mitternachtsmesse von Charpentier, die übrigens auch zu jeder anderen Tageszeit ein großes Hörvergnügen ist.
Marc-Antoine Charpentier
Ensemble Correspondances
Leitung: Sébastien Daucé
Label: harmonia mundi
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 26. November 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK