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Buxheimer Orgelbuch Bedeutendste Quelle für Tastenmusik des späten Mittelalters

141 Mark für ein Orgelbuch – ist das nun viel oder wenig? Bei einem Schatz wie dem Buxheimer Orgelbuch, das den Zauber der mittelalterlichen Orgelmusik lebendig hält, sollt man da ohne Zögern zugreifen!

Bildquelle: Bayerische Staatsbibliothek

Entstanden ist das Buxheimer Orgelbuch zwischen 1460 und 1470 im hochalemannischen Sprachraum, also in der Gegend zwischen St. Gallen, Zürich und Bern. Vor allem die Schreibweise der deutschen Titelüberschriften deutet darauf hin. Namensgebend war dagegen die ehemalige Reichskartause Buxheim bei Memmingen. In dieses Kartäuserkloster war die Handschrift wohl Anfang des 16. Jahrhunderts gelangt, als der Weltpriester Hildebrand Brandenburg von Biberach sich der Kartause anschloss und seine etwa 450 Bücher umfassende Privatbibliothek in den Bestand des Klosters einbrachte. Fast vier Jahrhunderte lang war die Handschrift anschließend Teil der Buxheimer Kartausenbibliothek.   

UNGEWÖHNLICHES REPERTOIRE FÜR KARTÄUSERBIBLIOTHEK

Dass die Orgelhandschrift ausgerechnet in einer Kartäuserbibliothek aufbewahrt wurde, das ist insofern erstaunlich, als der Orden in seinem Gottesdienst nur den einstimmigen Gesang des gregorianischen Chorals zulässt. Die sogenannte Figuralmusik, und dazu sind die mehrstimmigen Orgelstücke des Buxheimer Orgelbuchs zu rechnen, ist in der Kartäuser-Liturgie nicht vorgesehen. Auch basiert ein Großteil des Repertoires auf weltlichen Stücken.

PERLEN DER ORGELMUSIK

Das Repertoire umfasst zwei- bis vierstimmige Orgel-Bearbeitungen, größtenteils von Liedern und Chansons mittelalterlicher Komponisten wie John Dunstable, Guillaume Dufay oder Gilles Binchois. Auch Lehrwerke für Orgel sind darin enthalten, z.B. das sogenannte Fundamentum organisandi von Conrad Paumann. Weil Paumann hauptsächlich in Nürnberg und München tätig war, wurden auch diese Städte als Entstehungsorte für das Buxheimer Orgelbuch diskutiert.

SCHNÄPPCHENANGEBOT?!

Die musikhistorische Bedeutung des Buxheimer Orgelbuchs liegt in der Dokumentation der reichen, süddeutschen Orgelmusikpraxis im 15. Jahrhundert. Mit den über 250 enthaltenen Stücken gilt es als die umfangreichste Quelle für Tasteninstrumente aus dieser Zeit. Inzwischen zählt das Buxheimer Orgelbuch zu den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Nach der Säkularisierung war die Buxheimer Kartause an neue Besitzer übergegangen, die die wertvolle Musikalie im Jahr 1883 für 141 Mark versteigerten; angesichts der musikgeschichtlichen Bedeutung des Buxheimer Orgelbuchs eine geradezu lächerlicher Preis.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 18. Oktober 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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