Auf Gemälden werden Hirten und Bauern mit ihren Tieren oft sehr idyllisch dargestellt – in der Musik ist das nicht anders: Eine Pastorale klingt meist sehr weich und lieblich, mit wiegendem Rhythmus und Dudelsackbässen.
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"Lustiges Zusammensein der Landleute" – so ist der 3. Satz der 6. Symphonie von Ludwig van Beethoven überschrieben. Der Komponist selbst hat diesem Werk den Beinamen "Pastorale" gegeben, und bis heute denkt wohl jeder Musikliebhaber, wenn er dieses Wort hört, zuerst an die gleichnamige Symphonie Beethovens.
Indes hatte das Wort "Pastorale" als Bezeichnung für eine Kunstgattung schon zu Beethovens Zeit eine Jahrhunderte alte Tradition. Es leitet sich her vom Lateinischen "pastor", was "Hirte" bedeutet. Seit der Antike steht die "Pastorale" in Literatur, Bildender Kunst und Musik für ein Genre, das eine idealisierte Natur beschwört, personifiziert durch Nymphen, Hirten, Schäfer und Bauern.
Das Singspiel "Jeu de Robin et de Marion" von Adam de la Halle etwa setzt im späten 13. Jahrhundert die Begegnung zwischen einer Hirtin und einem Ritter als französische Pastourelle musikalisch in Szene. In der Renaissance und im Frühbarock wird das Madrigal zum bevorzugten Ausdrucksträger pastoraler Sujets, zum Beispiel bei Claudio Monteverdi.
Im Barockzeitalter entstand ein reiches Repertoire an so genannten "Weihnachtskonzerten"; "Fatto per la notte di natale" (Komponiert für die Weihnachtsnacht) – von Corelli und Torelli, von Geminiani und Manfredini. Ihr Aufführungsort war die Kirche, wo sie zur Untermalung von Krippen- oder Hirtenszenen erklangen. "Weihnachtlich" waren diese Konzerte insofern, als sie zumindest einen Satz "in forma di Pastorale" enthielten, musikalisch verkörpert durch den "Siciliano" – einen Tanztypus, der mit seinen wiegenden Rhythmen und mit der Imitation von Dudelsackbässen jedermann an das Musizieren der Hirten auf den Straßen und Plätzen zur Weihnachtszeit denken ließ.
Nach Corelli & Co. verlor die Pastorale in der Kompositionsgeschichte an vitaler Kraft. Prominent wirkte sie namentlich nur noch weiter in Werken wie Beethovens "Pastorale", Arthur Honeggers Symphonischer Dichtung "Pastorale d'Été" oder der "Pastoral Symphony" von Ralph Vaughan Williams. Doch im Barockzeitalter gehörte sie als stilisierte Hirtenmusik zu den favorisierten Genres – nicht nur bei den Italienern, sondern auch bei Johann Sebastian Bach, bei Georg Friedrich Händel oder auch bei dem jüngeren Johann David Heinichen, der – ganz nach italienischer Art – eine "Pastorale per la notte della nativitate Christi" schrieb.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 27. November 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK