Wien, 21. November 1796. Der afro-österreichische Sklave und Mozart-Freund Angelo Soliman stirbt. Geboren wurde Soliman in Nigeria. Gekommen war er als Sklave; als er starb, war er ein hochgeachteter Mann.
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Als Kind aus dem nigerianischen Volk der Kanuri gelangt der schwarze Junge, der später den Namen Angelo Soliman bekommt, ins sizilianische Messina. Dort kommt er in den Besitz einer Marquise, die ihrem Palast durch das koloniale "Mitbringsel" orientalischen Glanz verleiht. Im 18 Jahrhundert kein ungewöhnlicher Vorgang, sagt der Afrika-Forscher Walter Sauer von der Universität Wien: "Im Unterschied zu einem Leibeigenen kann ein Sklave verschenkt, verkauft werden. Der Besitzer kann mit ihm machen, was er will."
Und das tut die Marquise auch. Sie verschenkt Soliman, nachdem sich der junge Diener als intelligentes Talent für Mathematik und Sprachen entpuppt hat, an einen auf Sizilien stationierten österreichischen General. Der wiederum reicht ihn auf Anfrage weiter an den Fürsten von Lobkowitz in Wien – einen Gönner Beethovens. Und nach dessen Tod wird Soliman – Höhepunkt seiner vermeintlichen Karriere – Chef der Dienerschaft bei Kaiser Josef II.
Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture alliance/Leemage Da macht Angelo etwas, was Sklaven nicht dürfen. Als mittlerweile 45-Jähriger heiratet er einfach, ohne den Kaiser darüber in Kenntnis zu setzen. Er wird augenblicklich entlassen. Doch Solimans guter Ruf ist inzwischen so groß, dass er trotz seines Faux Pas beim Fürsten von Liechtenstein als Prinzenerzieher einsteigt. Weil er sich für Fortschritt und Freiheit einsetzt, wird Soliman als 60-Jähriger in die aufklärerische Freimaurerloge aufgenommen, wo er sich mit Wolfgang Amadeus Mozart anfreundet. Und Angelo Soliman inspiriert den Meister der Klassik zu der Oper "Entführung aus dem Serail" mit der Rolle des Muslim Bassa Selim.
Solimans Leben endet, wie es beginnt. Nach seinem Tod durch einen Schlaganfall landet sein Körper als mumifizierte Leiche im kaiserlichen Naturalienkabinett und dient als exotische Attraktion. Der knappe Kommentar des Wiener Afrika-Forschers Sauer lautet: "Es ist eine Leichenschändung." Durch ein Feuer während des Wiener Oktoberaufstandes 1848 verbrannte Solimans Körperhülle mitsamt dem Museum, in dem er ausgestellt war. Seitdem ehrt den schwarzen Feingeist aus Nigeria eine Gipsbüste im Rollettmuseum von Baden bei Wien.
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Sendung: "Allegro" am 21. November 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK