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Saure Milch und kaltes Wasser Anton Bruckners Nervenzusammenbruch

Bad Kreuzen, 19. Juni 1867. Anton Bruckner ist am Ende. Überarbeitet, ausgelaugt, depressiv. Kurz: psychisch ein Wrack. Er hat keine Kraft mehr – und keine Hoffnung auf ein erfülltes Privatleben. Einsam und unverstanden fühlt er sich. Auch alle seine Heiratsanträge, die er diversen jungen Damen macht, werden abgelehnt. Spezielle Anwendungen sollen Linderung verschaffen. Der einzige Freund, dem sich Bruckner anvertraut, ist Rudolf Weinwurm, Chormeister der Singakademie in Wien.

Bildquelle: Gesellschaft der Musikfreunde, Wien

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Es verdrießt mich die ganze Welt – es bleibt mir nur die Kunst und einige Werte Freunde, unter denen Du stets obenan bist.
Anton Bruckner

Trost findet Bruckner im Komponieren. Ansonsten entwickelt er allerlei merkwürdige Marotten: Er zählt. Und zwar alles: Knöpfe am Rock, Fenster an Hausfassaden, Blätter an den Bäumen. Bruckners Arzt diagnostiziert ein Nervenleiden und verordnet eine Kaltwasserkur – sonst, sagt er, werde Bruckner dem Irrsinn verfallen.

Strengstes Arbeitsverbot

In der Anstalt von Bad Kreuzen kommt der Komponist der verordneten Kur nach. Um vier Uhr morgens geht es los: Er wird in kalte, feuchte Tücher gewickelt, wo er stundenlang ausharren muss, oder muss gleich im kalten Wasser baden. Danach heißt es: zu einer der nahgelegenen Quellen spazieren und trinken. Danach gibt es zum Frühstück saure Milch. Und das ganze mehrmals am Tag. Außerdem hat Bruckner strengstes Arbeitsverbot. Die Kur tut ihm gut. Bruckner hofft auf Heilung. Am 19. Juni 1867 schreibt er an Weinwurm, der bislang noch nichts von seinem Aufenthalt in der Kuranstalt weiß: "Lieber Freund! Seit meiner Abreise von Wien weißt Du Nichts von mir …  Magst Du Dir denken o. gedacht haben – oder gehört haben was immer! – Es war nicht Faulheit! – Es war noch viel mehr!!! -; es war gänzliche Verkommenheit und Verlassenheit – gänzliche Entnervung u. Überreiztheit!!! Ich befand mich in dem schrecklichsten Zustande; Dir nur Dir gestehe Ichs – schweige doch hierüber."

Zwang zum Zählen

Bruckner ist seine Krankheit peinlich. Niemand soll davon erfahren. Nach drei Monaten wird er aus der Anstalt entlassen. Angeblich geheilt kehrt er heim nach Linz. Es geht ihm tatsächlich besser, aber seinen Zählzwang wird Bruckner zeitlebens nicht mehr ablegen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 19. Juni 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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