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23. August 1730: Bach prangert die Kirchenmusik in Leipzig an Traurige Faktenbeschreibung

Leipzig, 23. August 1730. Johann Sebastian Bach reicht es. Seit sieben Jahren arbeitet er nun als Thomaskantor in der Stadt, und doch ist man nie zufrieden mit ihm. Ständig gibt es Streit: mit der Universität, dem Rat der Stadt, dem Konsistorium.

Johann Sebastian Bach war ein deutscher Komponist. | Bildquelle: akg-images/EuroArts/BR

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Und nun hat man tatsächlich in der Ratssitzung beklagt, dass er "schlechte Lust zur Arbeit" zeige, zu viel Urlaub nehme, die Singstunden nicht halte und überhaupt zahlreiche Pflichten versäume. Unkooperativ hat man ihn genannt, "incorrigibel", weshalb man ihm jetzt "die Besoldung verkümmern will". Bach interessiert das nicht.

Die Schulen sind heruntergekommen

Aber er greift zur Feder und antwortet. Nicht auf die Vorwürfe! Sein Schreiben heißt: "Kurtzer, iedoch höchstnöthiger Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music; nebst einigem unvorgreiflichen Bedencken vor dem Verfall derselben". Was drin steht, sind Fakten, mit denen er seit Jahren leben muss. Nicht nur, dass die Schule heruntergekommen und die Schüleranzahl auf 54 geschrumpft ist! Die meisten Jungen können kaum singen. Der Schnitt: "17 zu gebrauchende, 20 noch nicht zu gebrauchende, und 17 untüchtige".

Bach konnte kaum noch auf Studenten zurückgreifen

Einst hatte in seinem Vertrag gestanden, Bach könne bei Neuzugängen über die Aufnahme mitentscheiden. Stattdessen "kann nicht unberühret bleiben, daß durch bißherige receptio so vieler untüchtigen und zur music sich gar nicht schickenden Knaben die Music nothwendig sich hat verringern und ins abnehmen gerathen müssen". Gleichzeitig wird es immer schwieriger, auf Studenten zurückzugreifen. "Die Herrn Studiosi haben sich willig finden laßen, in Hoffnung, daß ein oder anderer…mit einem stipendio oder honorario würde begnadiget werden".

Bachs trauriges Fazit

Doch jetzt sollen alle unentgeltlich spielen. Der Komponist der Matthäuspassion ist verzweifelt. Sein trauriges Fazit: "daß mir die Kräffte benommen werden, die Music in beßeren Stand zu setzen". Bach stößt auf taube Ohren. Er wird vorerst damit leben müssenmit "einer wunderlichen und der Music wenig ergebenen Obrigkeit. In Verdruß, Neid und Verfolgung. Dieser Dienst ist bey weitem nicht so erklecklich als mann mir Ihn beschrieben".

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J.S. Bach - Cantata - fifth Sunday after Trinity BWV 93 "Wer nur den lieben Gott lässt walten" | Bildquelle: meinhardo (via YouTube)

J.S. Bach - Cantata - fifth Sunday after Trinity BWV 93 "Wer nur den lieben Gott lässt walten"

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Sendung: "Allegro" am 23. August 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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