Los Angeles, 21. Dezember 1937. Walt Disneys "Schneewittchen" feiert Premiere. Disney zittert. Riesige Kredite musste er für seinen neuesten Coup aufnehmen: einen abendfüllenden Trickfilm, geschaffen von über 750 Disney-Mitarbeitern in dreijähriger Arbeit. Die Geschichte: ein Märchen, frei nach den Brüdern Grimm: "Schneewittchen und die sieben Zwerge". Jetzt also die Premiere. Im Carthay Circle Theater in Hollywood sitzen Prominente wie Cary Grant und Shirley Temple.
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"Dieser Film übertrifft alle Erwartungen. Ein Klassiker, für die Filmgeschichte so bedeutend wie 'Die Geburt einer Nation' oder der erste Auftritt von Mickey Mouse. So etwas hat noch niemand zustande gebracht." Das schreibt der Kritiker der New York Times. Die Banker, die Walt Disney die Kredite gewährt haben, wissen: Um ihr Geld müssen sie sich keine Sorgen machen.
Walt Disney | Bildquelle: picture-alliance / akg-images Disney hat ein Erfolgsrezept gefunden, das mittlerweile fast ein Jahrhundert lang funktioniert und weiterhin Millionen in die Kasse des Studios spült. Eine der wichtigsten Zutaten: die Musik. Das erkennt bereits 1937 auch der Kritiker der New York Times: "Keine Beschreibung des Films darf so ein wichtiges Element wie die Musik vernachlässigen. Es gibt acht Songs im Film, die perfekt die Handlung begleiten. Sie sind fröhlich und nett und ansprechend, alle von ihnen, und so ist auch der ganze Film." Das Disney-Trickfilm-Musical ist geboren. Und die Disney-Maschinerie kommt 1937 so richtig in Gang. "Schneewittchen" ist der erste Film, zu dem neben den obligatorischen Merchandising-Artikeln auch der Soundtrack mit den Songs von Frank Churchill komplett auf Platte erscheint.
Einer der bekanntesten Songs des Films ist "Someday my Prince will Come". Ausgerechnet im Konzentrationslager Theresienstadt erklingt dieses sehnsuchtsvolle Liedchen nicht lange nach der Filmpremiere zum ersten Mal in einer Jazz-Version, bei einem Konzert der sogenannten Ghetto-Swingers. Der herbeigesehnte Prinz – wer weiß, vielleicht ein alliierter Soldat. Danach tritt der Song einen weltweiten Siegeszug an, als Jazz-Standard.
Für Adriana Caselotti, die als j18-Jhrige der Figur des Schneewittchens ihre Stimme leiht, ist das Disney-Engagement Segen und Fluch zugleich. Ihre Stimme wird unsterblich – doch Walt Disney sorgt persönlich dafür, dass sie nie wieder in einer anderen Rolle auftreten darf. Nichts soll für immer den Zauber von "Schneewittchen" gefährden. Der Studioboss selbst ist also eher böse Stiefmutter als Märchenprinz.
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Disney's "Snow White and the Seven Dwarfs" - Someday My Prince Will Come
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Sendung: "Allegro" am 21. Dezember 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK