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Der Komponist Frederic Rzewski Ein freier Radikaler

Westfield, Massachusetts,13. April 1938. Frederic Rzewski wird geboren. Er war einer der großen Klavierkomponisten der letzten Jahrzehnte. Und ein unbedingt politischer Künstler. Kein Wunder, dass Frédéric Rzewski in Igor Levit einen Freund und Bewunderer gefunden hat. Am 13. April wäre er 85 Jahre alt geworden.

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Runterschreiben, was einem so durch den Kopf spukt – das war Frédéric Rzewskis kompositorisches Credo. Und in seinem Fall war das ganz schön viel. Und ganz schön viel Verschiedenes. Rzewski spielte freies Radikal zwischen all den Stilen und Schulen der Neuen Musik, interessierte sich außerdem für Jazz und Volksmusik.

Auch Musikmachen ist politisch

Nach dem Studium an den Eliteuniversitäten Harvard und Princeton zieht es Rzewski mit Anfang Zwanzig nach Italien. Dort macht er sich vor allem als Pianist und Interpret einen Namen. Musica Elettronica Viva nennt sich sein Ensemble. Man spielt Boulez und Stockhausen, improvisiert mit elektronischer Musik und tourt durch Europa. Und das in der Zeit der roten Revolte. Die 68er geben den Ton auf dem Kontinent an. Alles ist politisch. Auch das Musikmachen. Frédéric Rzewski hat dies für sein Leben geprägt.

Der Familienmensch Rzewski

Musik zu schreiben, sei eine seltsame Tätigkeit, sagt Rzewski in einer Fernsehdokumentation aus den Zweitausendern. Meistens brüte man alleine in seinem Zimmer, verliere den menschlichen Kontakt. Gesund sei das nicht, brummt der Komponist. Rzewski hat allerdings vorgebeugt. Das Interview findet in seinem Sommerhaus in Italien statt. Rundherum zirpende Zikaden und die Familie: Die frühere und die damalige Frau, der Sohn, samt Frau und Kind. Und seine zwei kleinsten, damals gerade mal sieben und zwölf Jahre alt. Volles Haus, viele Menschen, viel Zusammensein.

Ein vertonter Gefängnisaufstand

Er habe nie verstanden, wieso ein Komponist nur mit Noten zu tun haben sollte, sagt Rzewski auch noch in der Dokumentation. Er verstehe sich unbedingt als politischer Mensch. "Coming together" heißt eines der ersten Werke, die er schreibt, als er Anfang der 70er-Jahre zurück in die USA zieht. Ein vertonter Gefängnisaufstand. Minimalistisch grundiert. Ein politisches Stück Musik.

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Frederic Rzewski: Coming together (Complete) // Ensemble Resonanz | Bildquelle: Ensemble Resonanz (via YouTube)

Frederic Rzewski: Coming together (Complete) // Ensemble Resonanz

Rzewskis bekanntestes Werk – eine monsterschwere Großkomposition

Genauso wie sein wahrscheinlich bekanntestes Werk: der Variationszyklus "The People United Will Never Be Defeated", inspiriert von einem chilenischen Protestlied. Der Ruf dieser monsterschweren Großkomposition dürfte auch mit dem Pianisten Igor Levit zu tun haben. Ein Fan und Freund von Rzewski, der das Stück immer wieder aufführt – es so erst richtig populär gemacht hat.

Eine Mischung aus Marx, Tolstoi und Obi-Wan Kenobi

Letztlich war Rzewski ein Klavierkomponist. Ein modernen Chopin sozusagen. Darauf angesprochen, hat er mal lapidar erwidert, Orchester würden ihn schlicht nicht anfragen. Also schreibe er halt weiter für Klavier. Und für Klavierspieler wie Igor Levit, dem er ein paar seiner Werke gewidmet hat. Als Rzewski 2021 starb, war er es, der in der New York Times an ihn erinnerte: "Eine Mischung aus Marx, Tolstoi und Obi-Wan Kenobi", das sei Rzewski gewesen, so Levit. Was auch immer das meint.

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Igor Levit - Rzewski - The People United Will Never Be Defeated! Thema. With determination | Bildquelle: IgorLevitVEVO (via YouTube)

Igor Levit - Rzewski - The People United Will Never Be Defeated! Thema. With determination

Was heute geschah

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Sendung: "Allegro" am 13. April 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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