Czernica, Polen, 06. Dezember 1933. Der polnische Komponist Henryk Mikolai Górecki wird geboren. Wie die meisten seiner Altersgenossen sollte er sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Avantgarde auseinandersetzen. Berühmt jedoch wurde er mit einer ganz anderen Musik: der "Symphonie der Klagelieder".
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Góreckis Vater ist Eisenbahner, seine Mutter stirbt, als er zwei Jahre alt ist. Wenig ist bekannt darüber, wie er den Nationalsozialismus und den Krieg überlebt hat. 1951 macht er Abitur, will Pianist werden. Daraus wird aber nichts. Gesundheitliche Probleme, heißt es. Dann halt Komponist. Musikhochschule in Katowice, Abschluss mit Bestnote. Er setzt sich intensiv mit der westlichen Nachkriegsavantgarde auseinander, dem Serialismus vor allem. Was ihn aber eher anwidert. Zu kompliziert. Górecki will einfache Musik, und er will große Emotionen.
1979 schreibt er ein Stück für seinen Landsmann Karol Wojtyla, der soeben zum Papst gewählt wurde. In der Krakauer Franziskuskirche ist die Premiere – am Schluss stehen die Leute auf. Keiner klatscht. Alle sind überwältigt. Die Papstwahl, die Solidarnosc ist am Entstehen. Und Górecki kommt zum richtigen Moment. Seine eigene Entwicklung als Komponist fällt auf wundersame Weise zusammen mit dem, was in der Luft liegt: Nach Unterdrückung, Studentenprotesten, Streikwellen und Wirtschaftskrise geht eine Welle von neuem Gemeinschaftsgefühl durch das Land, von nationalem und religiösem Bewusstsein, Górecki liefert den Soundtrack dafür – kurz bevor General Jaruzelski das Kriegsrecht ausruft und Polen am Abgrund steht.
Górecki ist mit seiner klaren, starken, einfachen Musik ein Held. Zunehmend auch im Ausland. Seine "Symphonie der Klagelieder" erreicht tägliche, wohlgemerkt tägliche Verkaufszahlen von 15.000 Stück. Natürlich fehlt es nicht an Spott. Orchestrale Breitwandtristesse für Technokids, heißt es, Ohrwurm auf der Kriechspur, balsamierter Seelenkitsch.
Und Górecki? Wird nach oben gespült, später vergisst man ihn auch wieder weitgehend. Er nimmt es zur Kenntnis. Komponieren ist halt etwas furchtbar Persönliches, sagt er. Du musst nur deinen Weg gehen.
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𝐇𝐞𝐧𝐫𝐲𝐤 𝐆𝐨𝐫𝐞𝐜𝐤𝐢 • 𝐒𝐲𝐦𝐩𝐡𝐨𝐧𝐲 𝐍𝐨.𝟑, 𝐎𝐩.𝟑𝟔 (𝟏𝟗𝟕𝟔)
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Sendung: "Allegro" am 06. Dezember 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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