Catania, 3. November 1801. Vincenzo Salvatore Carmelo Francesco Bellini – so der vollständige Name des Komponisten, der die Opernwelt mit seinen traumhaften und nicht enden wollenden Melodien verzaubern wird. Berühmt wird er für seine traumhaften und nicht enden wollenden Melodien, die er den schönen Stimmen seiner Zeit quasi auf den Leib schreibt.
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"Melancónica musa" nennt Bellini seinen Inspirationsquell: melancholische Muse. Betrachtet ein Sizilianer wie er menschliche Seelenzustände, so kann er sich auf seine naturgegebene melodische Erfindungsgabe verlassen. In der ruhevollen Cavatine, mehr noch als in der mitreißenden Cabaletta, ist Bellini ganz bei sich selbst: Hier bekommen seine Bühnenfiguren die Zeit, die sie brauchen, um sich auszusingen. Eine ausgetüftelte Harmonik wirkt wie eine raffinierte Hintergrundbeleuchtung – für die weitgeschwungene, sich verströmende, geradezu fortrankende Melodie. Sie ist die erhabene Essenz, ein beredter Nerv der Musik. "Far piangere cantando / durch Gesang Rührung auslösen" – nicht mehr und nicht weniger will dieser Komponist.
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Maria Callas - V. Bellini - Norma: Cavatine: "Casta diva" (La Scala, 1960)
Bellini schreibt für schöne Stimmen, hat selbst auch eine. Die Regungen seiner Heldinnen, Lust und Leid, kann er mühelos nachempfinden. Er deklamiert den Libretto-Text, und wie von selbst werden Melodien daraus. Aber in der Tonsetzerwerkstatt feilt Bellini lange daran. Der Musik dieses "dolce siciliano" gibt man schon früh Attribute wie "sanft" und "schmachtend". Der elegische, empfindsame Gestus kultiviert den Weltschmerz der Romantik.
In Verdi findet Bellini einen großen Bewunderer, wegen des erstaunlichen Umfangs seiner Tongirlanden, die kein Ende nehmen wollen. Auch Wagner staunt über "wie mit dem Silberstift gezogene" Melodien, wie sie "schöner nicht geträumt werden können". Der Bayreuther Gesamtkunstwerker erhält durch Bellini Anregungen für das, was als Tristans "unendliche Melodie" gilt - das zentrale Merkmal eines der stärksten Musikdramen überhaupt.
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Sendung: "Allegro" am 3. November 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK