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Erich Wolfgang Korngolds "Der Schneemann" Das Ballett eines Elfjährigen

Wien, 4. Oktober 1910. Das Publikum in der Hofoper hört heute besonders aufmerksam hin, als die Musik zum Ballett "Der Schneemann" erklingt. Zu viel war schon im Vorfeld darüber geredet worden, als das Werk zweimal in Privathäusern aufgeführt worden war und eine Welle der Begeisterung ausgelöst hatte. Nicht zuletzt deshalb, weil ein Elfjähriger die Musik geschrieben hat. Sein Name: Erich Wolfgang Korngold.

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Die Zeitungen berichteten darüber, man mutmaßte sogar, dass das Stück gar nicht von dem Jungen, sondern von Julius Korngold, seinem Vater, dem bekannten Wiener Musikkritiker, stamme. Auch Kaiser Franz Joseph wurde auf das Wunderkind aufmerksam gemacht und befahl: "Der Schneemann" müsse an der Hofoper aufgeführt werden, und zwar an seinem Namenstag, am 4. Oktober.

Ankündigung eines großen Ereignisses

Im Mai 1910 kündigte deshalb die Allgemeine Zeitung an: "Das gesamte musikalische Wien steht unter dem Eindruck des Sensationserfolges, den die Pantomime 'Der Schneemann', das Werk eines 11-jährigen Knaben, anlässlich einer Wohltätigkeitssoiree im Palais des Ministerpräsidenten Baron Bienerth erzielte. Hervorragende Musiker und Musikkritiker bezeichnen dieses als vollwertige reife Schöpfung eines musikalischen Genies. Erich Wolfgang Korngold ist der Name des 11-jährigen Künstlers, dessen 'Schneemann' von der k.k.Hofoper in Wien mit Vertrag zur Uraufführung für den Herbst des Jahres erworben wurde."

Der Vater zittert – und kann doch aufatmen

Das war allerdings ganz und gar nicht im Sinne des Vaters. Julius Korngold fürchtete eine Blamage und setzte alles daran, die Aufführung zu verhindern. Weil das Ballett aber, das der Junge ursprünglich für Klavier komponiert hatte, von Alexander Zemlinsky orchestriert worden war, hatte der Direktor der Wiener Hofoper keine Bedenken es aufzuführen. Als die große Stunde kam, war Vater Julius Korngold nicht im Zuschauerraum: "Ich war wieder einmal zu Hause geblieben und suchte mich über die kritische Stunde mit Beethoven am Klavier hinwegzubringen" erinnerte er sich. "Endlich klingelte das Telefon, es kam erfreulicher Bericht. Beifall schon nach der Szene des Pierrot, Beifall nach dem Zwischenspiel und erst recht zum Schlusse des Stückchens. Der Komponist, der unbefangen fröhlich auf die Bühne gesprungen kam, konnte sich vielmals 'verbiegen'".

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E. W. KORNGOLD · Der Schneemann, eine Ballettpantomime · Philharmonie Salzburg · Elisabeth Fuchs | Bildquelle: Philharmonie Salzburg (via YouTube)

E. W. KORNGOLD · Der Schneemann, eine Ballettpantomime · Philharmonie Salzburg · Elisabeth Fuchs

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Sendung: "Allegro" am 4. Oktober 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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