Die Komponistin, Pianistin und Professorin Louise Farrenc wird geboren. Wobei, "Farrenc" heißt Jeanne Louise Dumont erst, seit sie mit 17 Jahren den Flötisten Aristide Farrenc heiratet.
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Ein junges Alter für die Ehe, erst recht, wenn man in der Pariser Künstlerkommune aufwächst, wo die Revolutions-Prinzipien liberté, egalité und fraternité gelten. In dieser "Kolonie der Sorbonne" sind Ateliers, Wohn- und Unterrichtsräume unter einem Dach. Die Dumonts arbeiten seit über 150 Jahren als Maler und Bildhauer im öffentlichen Dienst und haben damit das Privileg, dort leben zu dürfen. Ein Biograph schreibt: "Mitten im großen Paris gab es etwas Eigenartiges – ein Klein-Paris aus Künstlerhaushalten. Sie lebten in brüderlicher Gemeinschaft – gelegentlich gestört durch unvermeidliche Rivalitäten unter Nachbarn. Alles Nachbarn von besonders sensiblem Charakter!"
Hier erhält die hochbegabte Louise ihren ersten Klavierunterricht und hat Auftritte im Zeichensaal. Hier feiert die kleine Louise vergnügliche Feste mit viel Musik, vorgetragen von der "sensiblen" Nachbarschaft. Und, man muss es einfach betonen, weil doch recht ungewöhnlich für den Beginn des 19. Jahrhunderts: Es spielt überhaupt keine Rolle, dass Louise ein Mädchen ist. Und nicht nur für das 19. Jahrhundert ist dies ungewöhnlich. Mit diesem Selbstverständnis und Selbstbewusstsein studiert sie bei Antonin Reicha Komposition und Orchestrierung. Louise Farrenc schreibt ihre ersten Kompositionen, hauptsächlich für Klavier, aber auch für Orchester. Sie verlegt diese gemeinsam mit ihrem Mann Aristide im hauseigenen, renommierten Verlag, wo auch die Werke von Johann Nepomuk Hummel erscheinen. Während Farrencs Erste Symphonie in Paris keine Aufführungschance hatte, wurde ihre Dritte in die damals tonangebende Pariser Konzertreihe der Société des concerts aufgenommen. Die Uraufführung 1849 bescherte ihr den Durchbruch – und das im Opern-versessenen Paris!
Louise Farrenc konzertiert. Damals selten, aber nicht unüblich für virtuose Pianistinnen. Louise Farrenc wird Professorin für Klavier an der Frauenabteilung des Pariser Konservatoriums. Was absolut unüblich ist. Louise ist die erste Frau auf diesem Posten. Und hat Mumm: Sie geht dezent auf die Barrikaden, weil man ihr weniger Gehalt zahlt als den männlichen Kollegen. So schreibt sie an den Direktor des Konservatoriums: "Ich wage es zu hoffen, Herr Direktor, dass Sie mein Honorar ebenso hoch ansetzen mögen, wie das jener Herren, denn wenn ich nicht gleich ihnen die finanzielle Ermutigung erhalte, so könnte man meinen, dass ich mich nicht mit dem nötigen Einsatz und Erfolg der Aufgabe gewidmet habe."
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Louise Farrenc - Nonet in E-flat major, Op.38 (1849)
Das ist sicher nicht der Fall: aus Louise Farrencs Klavierklasse gehen berühmte Pianistinnen hervor, auch die eigene Tochter Victorine. Drei Symphonien schreibt Louise Farrenc, heute immer noch eher unbekannt, damals wurden sie in allen großen Konzertsälen von Paris gegeben. Viel für Klavier, dazu Kammermusik. An Einfällen mangelt es ihr nicht – so bekommt in einem Nonett von Louise Farrenc sogar der brummige Kontrabass eine gewichtige, geradezu elegante Rolle.
Die Flut an Kreativität stoppt abrupt, als Louise Farrencs Tochter an Tuberkulose stirbt. Louise Farrenc komponiert nichts mehr, zieht sich aus dem öffentlichen Leben zurück und widmet sich nur noch der verlegerischen Arbeit.
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Sendung: "Allegro" am 31. Mai 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK