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24. August 1904: Ludwig Schmidseder wird geboren Mit Topf und Taktstock

Passau, 24. August, 1904: Der Komponist und Fernsehkoch Ludwig Schmidseder wird geboren. Unterhaltung war sein Beruf, nein, seine Berufung. Er schrieb Schlager, war einer der ersten Köche im Fernsehen der noch jungen Bundesrepublik, und als Schauspieler betätigte er sich auch. Und er hatte das Glück, stets beliebt zu sein.

Der Fernsehkoch und Komponist Ludwig Schmidseder | Bildquelle: picture-alliance / dpa | Georg Göbel

Bildquelle: picture-alliance / dpa | Georg Göbel

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Schmidseder im Studio – eine ziemliche Show. Ein selten "gewichtiger" Mann mit Kochschürze und schwarzer Fliege kündigt das nächste Schmankerl an ("gefüllte Tomaten") und säuselt dabei so sämig, wie die Mayonnaise, die er gleich in alles hineinrühren wird, was da auf den Tisch kommt. Ludwig Schmidseder war ein Pionier, ein Mann der den Wirtschaftswunderdeutschen auf den Gaumen gefühlt hat. Einer der ersten Fernsehköche überhaupt, sicherlich der erste im Bayerischen Rundfunk – und dies zu einer Zeit, als Zucker noch gesünder war als Sellerie und Alkohol selbst im Salat nicht fehlen durfte…

Schmidseder – handfest und unternehmungslustig

Vielleicht ist an dieser Stelle der Hinweis angebracht, dass Schmidseder kein professioneller Koch war. Küche war sein Hobby. Zumindest dann, wenn sie in einem Fernsehstudio stand. Daheim sah's anders aus: "Er hat gerne gekocht, aber nicht zuhause", enthüllte Lisl, seine zweite Frau, Jahre nach Schmidseders Tod. Abgesehen von seinem mangelnden häuslichen Engagement, wusste die allerdings nur Gutes über ihn zu berichten: "Ein richtig Handfester war er, sehr unternehmungslustig!"

Schmidseder geht nach Rio

Klar, dass es einen wie ihn nicht lange in Passau hielt, seiner Geburtsstadt. Mit 22 Jahren geht Schmidseder nach Rio, an die Copacabana. Steigt vom Tellerwäscher zum Barpianisten auf, ehe er auf einem Unterhaltungsdampfer anheuert, um als Schiffsmusiker vier Jahre lang über die Ozeane zu tingeln. Gewissermaßen seine Studienzeit. Denn als er 1930 nach Berlin geht, ist aus Schmidseder ein Komponist geworden, steigt in der Hauptstadt zum Operettenkönig auf. Schlagermelodien kann keiner so wie Schmidseder, und dazu kommen die lateinamerikanischen Rhythmen, die er aus Rio mitgebracht hat.

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Ludwig Schmidseder: "Frauen im Metropol" | Bildquelle: Klaus-Richard St (via YouTube)

Ludwig Schmidseder: "Frauen im Metropol"

In den Fünfzigern sinkt Schmidseders Stern

Die Nazis entdeckten "entartete Tendenzen" in seiner Musik – und ließen ihn dennoch gewähren. Vielleicht weil man einem der beliebtesten deutschen Unterhaltungskomponisten nicht an den Kragen wollte. Vielleicht auch, weil Schmidseder schon 1933 in die NSDAP eingetreten war. Oder weil seine Schnulzen für den nötigen Eskapismus während des Kriegs sorgten. Erst in den Fünfzigern sank Schmidseders Stern. Operette war irgendwann out. "Es kamen auch neue Tänze, bei denen der Rhythmus meist wichtiger war als die Melodie", erinnerte sich Schmidseder. "Und das ist nicht meine Musik."

Schmidseder und sein Unterhaltungstalent

Zum Glück hatte er ja noch sein Unterhaltungstalent, trat in einigen Filmen auf – und machte schließlich seine Kochleidenschaft zum Beruf. Eine Leidenschaft, die man ihm übrigens auch ansah, was er wiederum gerne ironisch kommentierte: "1,74 hoch" sei er – "und 1,75 rundherum". An Schmidseder war eben kein Vorbeikommen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier .

Sendung: "Allegro" am 24. August 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Mittwoch, 24.August, 07:15 Uhr

Krämer

Befremdet

Muss man jemanden, der gleich 1933 in die Partei eingetreten ist und dessen musikalische Karriere sich fast ausschließlich im Dritten Reich abspielte, hier so unkritisch featuren?

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