Monte Carlo, 21. März 1925. Die Oper "L’enfant et les sortilèges" von Maurice Ravel kommt erstmals auf die Bühne. Der Erfolg bei der Premiere war recht anständig, aber so richtig durchgesetzt hat sich diese Oper nicht. Eigentlich schade, denn das Werk fällt aus dem Rahmen, in vielerlei Hinsicht.
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Erst einmal die Handlung: Ein Kind ist frech zur Mutter, darauf folgt natürlich eine Strafe, denn sowas geht ja nicht 1925. Findet das Kind im Libretto übrigens auch und flippt aus. Möbel werden demoliert und dann auch noch Tiere gequält. Weil das wiederum jetzt wirklich nicht geht, greift Zauberkraft ein und alles wird lebendig. Und die Tiere können sprechen. Am Schluss steht die Reue, also des Kindes, und die Umkehr und alles ist gut. Naja. Oper halt …
Interessant ist diese Handlung aber insofern, als sie von einer Frau verfasst wird. Von Sidonie-Gabrielle Colette. Und die hat einiges zu bieten in der männerdominierten Kunstwelt dieser Zeit. Sie ist nicht nur erfolgreiche Autorin und widmet sich einem Großteil sämtlicher Tabu-Themen, die das frühe 20. Jahrhundert zu bieten hat. Sondern sie ist auch Theater-Regisseurin.
Und das ist schon Punkt zwei, warum diese Oper besonders ist: Weil sie viel Bühnenzauberei erfordert. Inszenierung also eher aufwendig, aber es ist auch was geboten. Bühnenbild im Haus und im Garten, lebendige Möbel, und ein ganzer Haufen singender Tiere, wobei Solisten dafür auch mehrfach besetzt werden müssen.
"L’enfant et les sortilèges" also "Das Kind und der Zauberspuk" entsteht als Auftragsarbeit für die Oper in Paris während des rsten Weltkriegs in nur acht Tagen. Für die Musik will Colette nur einen: Sie will Ravel. Und der setzt sich tatsächlich hin und schreibt. Und zwar für großes Orchester, gemischten Chor, Kinderchor und dazu noch acht Solisten. Eine Käsereibe ist auch im Orchester! Die umfangreiche Instrumentierung macht die Aufführung des Werks nicht einfacher, beinhaltet aber Punkt drei, der unbedingt für diese Oper spricht: Da ist Musik drin. Und zwar sämtliche. Stil-Mix von Bach bis Gershwin, von Barock bis Jazz, alles dabei, aber à la Ravel eben. Umwerfend charmant.
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L'Enfant et les Sortileges (Maurice Ravel)
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Sendung: "Allegro" am 21. März 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK