Wien, 20. Dezember 1823. Das Bühnenstück "Rosamunde" mit der Musik von Franz Schubert wird uraufgeführt. Dazu muss man erst mal erwähnen: Schubert ist besessen von der Idee, ins Operngeschäft einzusteigen. So erfolgreich wie Carl Maria von Weber mit seinem "Freischütz", genau so möchte er auch dastehen.
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Also schreibt Schubert zunächst "Alfonso und Estrella". Allerdings hat der Hof in Wien mittlerweile seine Operntheater an einen italienischen Spekulanten verpachtet, und der setzt allein auf bewährte Kost. Folglich hat Schubert, der Opern-Grünschnabel, über 500 Partiturseiten für die Tonne geschrieben. Neues Stück, neues Glück, denkt sich Schubert und startet weitere, leider ebenfalls erfolglose Versuche. Darunter auch die heroische Oper "Fierrabras".
Gut, denkt sich Schubert, wenn seine deutsche Oper offenbar nicht den Geschmack trifft, dann vielleicht Musik zu einem großen romantischen Schauspiel. "Rosamunde, Prinzessin von Zypern", soll es ein. Geschrieben von Helmina von Chézy. Schubert diskutiert mit seinen Kumpels über den Stoff, in dem es um Macht, Intrige, Giftmord und ein bisschen Liebe geht. Da haben wir Moritz von Schwind: Er findet das Stück furchtbar. Es ist von "dieser heillosen Frau von Chézy". Schubert runzelt die Stirn. Der Schwind ist ja Maler, wie soll der sich ein solides Urteil bilden können?
Gottlob gibt es noch den Josef Kupelwieser. Der: immerhin Theaterdichter! Leider ist der sowas von verliebt in diese Helmina. Und aus diesem Grund wohl reichlich verblendet und verblödet, denn er schwärmt vom Stück in höheren Tönen, als sie Schubert je schreiben wird. "Ja ich bin vom Werte der Rosamunde überzeugt!", sagt Schubert schließlich. Und macht sich zuversichtlich ans Werk. Nicht zuletzt auch deshalb, weil besagte Helmina von Chézy eben erst Weber ein Libretto abgeliefert hat – und dieser verkörpert für Schubert so etwas wie das 1a Opern-Gütesiegel!
In nur drei Monaten ist alles fix und fertig: Chöre, Ballette, Gesangssoli. Es gibt nur ein paar Proben, weil das Geld fehlt, und dann folgt auch schon die Uraufführung. Im K.K. privaten Theater an der Wien. Schubert glühen die Wangen: Ein begeistertes Publikum und auch die Kritiken voll des Lobes! Sollte er es endlich geschafft haben? Schubert, die Wiener Antwort auf Carl Maria von Weber? Nein. Die Kritik verreißt den Text von Helmina von Chézy. "Rosamunde" wird genau einmal in Wien wiederholt, bekommt auch nur eine Chance in München. Aber auch da: ein Flop. Also verschwindet "Rosamunde" in der Versenkung. Das Libretto muss haarsträubend gewesen sein, erst 1996 taucht es in der Stuttgarter Landesbibliothek wieder auf.
Dieser Winter 1823/24 ist einer der schwersten in Franz Schuberts Leben. Das Theater ignoriert ihn, alte Freunde wenden sich von ihm ab, er fühlt sich einsam. Und doch, im Nachhinein betrachtet, hat sich Franz Schubert nicht umsonst geplagt: die Musiken aus "Rosamunde", ganz besonders die Ballettmusiken, sind längst zu Publikumslieblingen geworden.
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Schubert Rosamunde Overture
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Sendung: "Allegro" am 20. Dezember 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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