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Ludwig van Beethoven Streichquartett f-Moll op. 95 "Quartetto serioso"

Beethoven war bereits so gut wie taub und mal wieder unglücklich verliebt, als er sein Streichquartett f-Moll op. 95 schrieb. Der Beiname des Quartetts "Quartetto serioso" deutet an: In diesem Stück gibt es wenig zu lachen! Warum das so ist, darüber haben sich Sylvia Schreiber und der Zweite Geiger des Hagen Quartetts Rainer Schmidt unterhalten.

Bildquelle: Beethoven-Haus Bonn

Die Sendung zum Anhören

Es ist eine düstere Angelegenheit, dieses Streichquartett op. 95. Von freundlichen, gar fröhlichen Gesten gegenüber dem Publikum kann überhaupt keine Rede sein. Schon allein der Untertitel zeigt deutlich, wo es lang gehen soll: "Quartetto serioso". Und dennoch steht es bei den Musikern hoch im Kurs, das "Serioso", betont Rainer Schmidt vom Salzburger Hagen Quartett: "Obwohl Beethoven ein großer Künstler war, hat er das Geld durchaus geschätzt und war ein verbissener und hartnäckiger Geschäftsmann, der sich seines Stellenwerts absolut bewusst war. Nur dieses Quartett hat er fünf Jahre lang gar nicht veröffentlicht. Es wurde auch nicht aufgeführt. Und Beethoven schrieb an einen seiner Freunde, dass das Werk einer kleinen Handvoll von Liebhabern vorbehalten sei. Ich glaube, unter diesem Aspekt ist das 'serioso' zu sehen: Es ist einfach der Gegensatz von populär."

Beethoven hat das Geld durchaus geschätzt und war ein verbissener und hartnäckiger Geschäftsmann.
Rainer Schmidt, Geiger

Eine Mischung aus Verzweiflung und Wut?

Insgesamt 16 Streichquartette hat Ludwig van Beethoven komponiert; in drei unterschiedliche Phasen teilt man sie ein. Aber dieses Quartetto serioso springt aus jeder der drei Stil-Schubladen sofort wieder heraus! Gerne legt man der Andersartigkeit eine biographische Ursache zugrunde – immerhin hatte der sonst so erfolgreiche Beethoven von seiner Angebeteten Therese Malfatti einen Korb erhalten. Man munkelte also, Beethoven habe sich durch den abgelehnten Heiratsantrag gekränkt gefühlt und hätte, ganz seinem cholerischen Temperament entsprechend, diese Mischung aus Verzweiflung und Wut in die Musik hineingepackt. Deshalb sei es auch in f-Moll geschrieben. Völliger Unsinn, sagt Rainer Schmidt dazu: "Ich glaube, dass derartige private Erlebnisse – und seien sie auch noch so 'schicksalhaft' – neben dem eigentlichen kompositorischen Prozess nur eine Nebenrolle spielen. Komposition hat nämlich in erster Linie mit dem musikalischen Material zu tun."

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Eine Beethoven-Komposition ohne Beethovens typischen Humor

Hagen Quartett | Bildquelle: Harald Hoffmann Das Hagen-Quartett | Bildquelle: Harald Hoffmann Das Opus 95 klingt aber nicht nur ernst, sondern es strotzt vor Fatalismus, es berührt auf tiefsinnige Weise, es macht beim Zuhören sogar ein wenig unruhig und – es lässt den Beethoven'schen Humor vermissen! Der herkömmliche Aufbau eines Streichquartettes ist zwar durchaus vorhanden, aber Beethoven hüpft zwischen den Tonarten hin und her, zerstückelt die Themen, mitunter erinnert die Musik im vierten Satz an eine groteske Fratze. "Das ist auch etwas Radikales", sagt Rainer Schmidt: "Der erste Satz steht in f-Moll und der zweite Satz dann in D-Dur – also einer Tonart, die von f-Moll sehr weit entfernt ist. Und was in diesem Quartett auch auf die Spitze getrieben ist: Es gibt überhaupt keine Stelle mehr zum 'Ausruhen'! Weil das Stück an die Grenzen des technisch Spielbaren geht, ergibt sich für den Interpreten daraus eine bestimmte Energie."

Beethoven als Miraculix

Das Konzept des op. 95, des "Quartetto serioso", lautet also im Grunde ganz einfach: radikal anders sein! Wie ein Miraculix hat sich Beethoven über die Ingredienzien der Musik hergemacht. Eine Prise hiervon, eine Prise davon. Wie sagt Rainer Schmidt: "Ich glaube tatsächlich, dass es von Beethoven ein rein künstlerischer Impuls ist, ein kreativer Prozess, etwas Neues und Ungewohntes zu schaffen. Er benutzt die gleichen Töne wie Mozart, den gleichen Tonumfang, die gleichen Instrumente – aber er erschafft eine völlig neue Musik damit. Und das ist für einen Komponisten das eigentlich Reizvolle."

Musik-Info

Ludwig van Beethoven:
Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello Nr. 11, f-Moll op. 95


Hagen Quartett
Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Das starke Stück" am 26. November 2024, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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