Zu Lebzeiten Joseph Haydns waren Solokonzerte in der Regel Gelegenheitswerke für befreundete Musiker. Man kannte sich, fand sich sympathisch – und aus einer Laune heraus entstanden manchmal Meisterwerke für die Ewigkeit. Das Violoncello-Konzert in D-Dur komponierte Joseph Haydn 1783 für Antonin Kraft, der zu jener Zeit Cellist in der Hofkapelle von Fürst Esterhazy war. Ulrich Möller-Arnsberg sprach mit dem Cellisten Maximilian Hornung über dieses Werk.
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Mit einer zarten Melodie in hoher Lage beginnt das Solo in Haydns D-Dur-Cellokonzert nach dem einleitenden Orchestervorspiel. Ein Alptraum für manchen Cellisten. Was so schlicht und einfach wirkt in diesem "Allegro moderato", hat seine Tücken, sagt Cellist Maximilian Hornung: "Dieses Stück kann man hundertmal spielen, und es bleibt trotzdem schwer, weil es sehr filigran ist, sehr offen. Es muss sehr leicht und brillant klingen. Das Werk ist anfällig für die kleinsten Nuancen und Details. Man hört alles sehr gut und deutlich, und da muss man in die Details gehen."
Im Kopfsatz liegen die Themen des Violoncellos sehr frei über einem transparenten Orchestersatz. Da ist eine sichere Intonation des Solisten gefragt. Auch technisch fehlt es nicht an Herausforderung: Auf Arpeggio-Figuren folgen rasante Läufe, die schließlich in Doppelgriff-Passagen übergehen.
Man sollte nie zweimal das gleiche machen, sondern lebendig gestalten.
Und weil zur Interpretation dieses Konzerts darüber hinaus viel musikalische Erfahrung vonnöten ist, war Cellist Maximilian Hornung froh, es mit der Kammerakademie Potsdam unter Leitung von Antonello Manacorda einzuspielen: "Ich kenne dieses Orchester schon sehr lange. Auch bevor wir diese Aufnahme gemacht haben, haben wir schon oft zusammen Haydn musiziert. Das war auch der Beweggrund, mich für dieses Orchester zu entscheiden, weil es einfach so wahnsinnig gut zusammenpasst. Antonello Manacorda ist unglaublich in dieser Musik zu Hause und kann in ihr viel zum Leben erwecken."
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Der Cellist Maximilian Hornung | Bildquelle: Marco Borggreve Zwei Jahre, bevor Haydn sein D-Dur-Cellokonzert schrieb – es ist sein zweites –, hatte er Mozart kennengelernt und sich mit ihm ausgetauscht. Beide Komponisten hatten sich zum gemeinsamen Quartettspiel getroffen. Der Einfluss dieser neuen Freundschaft wird in Haydns Komposition spürbar. Etwa im Adagio des zweiten Satzes, der trotz seiner gesanglich-lyrischen Anmutung kein typischer Liedsatz ist, sondern in Rondoform gearbeitet ist. Nichts wäre bei der Gestaltung dieses Satzes fataler, als wenn sich der Solist hinter den nur scheinbar anspruchslosen Figurationen verstecken würde, sagt Maximilian Hornung: "Um Haydn zu spielen, muss man eine genaue Vorstellung davon haben, was man erreichen möchte. Haydn war ja ein sehr humorvoller Mensch, und die spontanen Momente, die man im Konzert geschehen lässt, sind interessanter als das, was man genau festgelegt hat. Das kann man aber nur machen, wenn man die Musik – und das Ensemble, mit dem man spielt – gut kennt. Vor allem muss man immer die ganze Partitur im Kopf haben, nicht nur die Solostimme."
Der dritte Satz des Konzerts, ein "Rondo Allegro", fordert vom Solisten, was zu Haydns Zeit noch ungewöhnlich war. Im Orchesteralltag am Hof vor allem in der Bass- bzw. Begleitrolle zu Hause, geht es für den Cellisten hier regelrecht um alles: rasante Sechzehntel und Doppelgriffe, zum Teil in sehr hoher Lage. Der Ausflug in die Höhe geht dabei soweit, dass die normale Notation im Bassschlüssel gar nicht mehr möglich ist. So wird stattdessen der Tenorschlüssel verwendet, an manchen Stellen gar der Violinschlüssel. Auch das ist eine ganz spezielle Lese-Herausforderung für den Cellisten, erklärt Maximilian Hornung: "Der Bassschlüssel geht ja nur bis zu einem bestimmten Punkt; aber da hört es in der Solostimme dieses Stücks noch lange nicht auf."
Haydns Konzerte sind für uns Cellisten schon die virtuosesten Werke aus dieser Zeit.
Bei der Frage, wie Haydn zu interpretieren sei, spielen für Maximilian Hornung auch die Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis eine Rolle. Allerdings nicht im dogmatischen Sinne: "Es liegt mir am Herzen, den Stil der Musik zu treffen. Bei dem Begriff 'Historische Aufführungspraxis' weiß ich nicht immer genau, was ich eigentlich damit anfangen soll. Nikolaus Harnoncourt beispielsweise ging es ja auch immer nur um die Musik. Er wollte etwas ausdrücken, gestalten und die Musik noch interessanter machen, noch ausdrucksstärker. Darum geht es mir letztendlich auch."
Joseph Haydn: Cellokonzert D-Dur Hob. VIIb; 2
Maximilian Hornung (Violoncello)
Kammerakademie Potsdam
Leitung: Antonello Manacorda
Label: Sony Classical
Sendung: "Das starke Stück" am 16. Januar 2024, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK