7. November 1839: Der Komponist und Dirigent Hermann Levi wird in Gießen als Sohn des hessischen Landesrabbiners geboren. Später wird er zu einem der wichtigsten Dirigenten seiner Zeit und unter anderem die Uraufführung von Wagners "Parsifal" leiten. Allerdings mit Hindernissen, denn Levi ist Jude.
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Am achten Tag nach der Geburt findet die "Brit Mila", die Beschneidung von Hermann Levi statt. Er ist der Sohn des liberalen hessischen Landesrabbiners und wächst in einem Elternhaus auf, wo Goethe, Schiller und Lessing die Tageslektüre bestimmen, wo Bach, Mozart und Beethoven gespielt werden. Levi entpuppt sich als musikalisches Wunderkind – gibt mit sieben sein erstes Konzert, und er begleitet den Gottesdienst in der Synagoge auf der Orgel. Jude zu sein, hindert Levi an nichts.
30 Jahre dient Levi als "Königlich-Bayerischer Hofkapellmeister" in München. Er ist mit Brahms befreundet, fördert Richard Strauss und überträgt die da-Ponte-Libretti der Mozart-Opern ins Deutsche. Jude zu sein, wird erst dann zum Thema, als Levi von einer heftigen "Wagneritis" infiziert wird. Bei der ersten Begegnung der beiden ist Wagner hingerissen von Levis Sensibilität und Bildung. Er küsst Levi sogar zum Abschied. Man kommt sich brieflich näher. Levi besucht Familie Wagner, schließt die Kinder ins Herz – und mit noch größerer Leidenschaft den "Parsifal", an dem Wagner gerade sitzt. Levi kennt Teile der Partitur auswendig, bevor das Werk vollendet ist.
"Aber ungetauft darf der den 'Parsifal' nicht dirigieren …", wettert Wagner und verlangt von ihm die Taufe. Levi verzichtet auf den "Parsifal". Da schaltet sich König Ludwig II. ein. "Dann bleibt die Hofkapelle eben in München. Mein Orchester gibt es nur mit Levi an der Spitze", so der König.
Mein Orchester gibt es nur mit Levi an der Spitze.
Zähne knirschend erlebt Wagner, wie die Uraufführung des "Parsifal" von einem "Ungetauften" leidenschaftlich dirigiert und zu einem umwerfenden Erfolg geführt wird.
"Ich bin ihm mit Leib und Seele verfallen …", gesteht der Wagner-süchtige Levi und erträgt kommentarlos die antijüdischen Sticheleien. Als Wagner stirbt, ist er einer der Sargträger und trägt später zum Erhalt der Bayreuther Festspiele bei als rechte Hand von Cosima Wagner. Den am achten Tag seines Lebens geschlossenen Bund mit Gott bricht Levi aber trotz der Anfeindungen Zeit seines Lebens nicht.
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Sendung: "Allegro" am 7. November 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK