BR-KLASSIK

Inhalt

András Schiff in München "Bach ist der Gipfel"

Johann Sebastian Bach gilt ihm als "Gipfel der europäischen Musikkultur": Pianist und Dirigent Sir András Schiff liebt die Vollkommenheit dieser Musik. Heute gastiert er mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden in der Münchener Isarphilharmonie. Klar, dass neben Mozart und Mendelssohn Bartholdy auch Bach auf dem Programm steht.

Der Pianist András Schiff | Bildquelle: Lukas Beck

Bildquelle: Lukas Beck

BR-KLASSIK: Sir András Schiff, Ihr Motto heißt: Das Leben ist zu kurz, um zweitklassige Musik zu spielen oder zu hören. Was ist denn dann erstklassige Musik für Sie?

András Schiff: Vor allem Johann Sebastian Bach. Es gibt natürlich sehr viel große Musik – auch vor Bach, aber für mich repräsentiert er den Gipfel der europäischen Musikkultur.

Bach war ein frommer Mensch

BR-KLASSIK: Was setzt ihn auf den Gipfel? Was macht ihn so besonders für Sie?

András Schiff: Es ist vor allem eine Vollkommenheit von intellektuellen, aber auch von musikalischen ästhetischen Werten. Hinzu kommt eine beispiellose Ichlosigkeit, eine Bescheidenheit. Bach war ein frommer Mensch; er schrieb nicht für die Ewigkeit, sondern für den lieben Gott und für die Gemeinde.

Ab hier wird das Tasteninstrument als Soloinstrument ernst genommen.
Andás Schiff über Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 5

BR-KLASSIK: Und trotzdem ist seine Musik für die Ewigkeit geschrieben, denn wir hören Bach heute immer noch gerne und feiern ihn. Herr Schiff, Sie spielen in der Isarphilharmonie in München Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 5. Da stellt sich mir die Frage: Wo ist in diesem Werk für Sie die Erstklassigkeit zu finden?

András Schiff: Das ist ein epochales Werk, weil Bach hier, wahrscheinlich zum ersten Mal in der Musikgeschichte, das Tasteninstrument als Soloinstrument behandelt. Natürlich ist hier ein Cembalo gemeint; ich spiele es aber auf dem Klavier. Im ersten Satz haben wir diese Kadenz, wo alle anderen Instrumente schweigen, und das Cembalo spielt allein. Das ist etwas absolut Neues, und Bach hat diesen Part mit Sicherheit selbst gespielt, denn er ist ungeheuer anspruchsvoll. Ich finde, damit fängt eine neue Geschichte an: Ab hier wird das Tasteninstrument als Soloinstrument ernst genommen.

Eine Sache der Chemie

BR-KLASSIK: Herr Schiff, wer Sie kennt, weiß: Sie sind nicht nur Dirigent, sondern in erster Linie Pianist, und Sie dirigieren vom Klavierhocker aus. Das werden Sie auch hier in der Isarphilharmonie machen bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Ich persönlich stelle es mir sehr schwierig vor, den Überblick zu behalten. Haben Sie einen Trick dabei?

Andras Schiff | Bildquelle: Joanna Bergin Sir András Schiff, Pianist und Dirigent | Bildquelle: Joanna Bergin András Schiff: Einen Trick gibt es da nicht. Es ist eine Sache der Chemie; so eine Zusammenarbeit funktioniert nicht mit jedem Klangkörper. Man kann auch ein hervorragendes Orchester haben, und die Chemie funktioniert trotzdem nicht. Hier passt sie. Mir liegen Orchester, die aus einer mitteleuropäischen Tradition heraus musizieren – wie die Dresdner Staatskapelle, die ich immer sehr bewundert habe. Ich hatte noch alte Schallplattenaufnahmen, sogar mit Fritz Busch aus den 1930er-Jahren. Ich erinnere mich an zweite Brahms-Symphonie: ganz großartig.  Noch in der DDR-Zeit, als ich in Budapest lebte und studierte, kam die Dresdner Staatskapelle mit Herbert Blomstedt, der damals natürlich noch viel jünger war als heute, und hat wunderschön musiziert. Ich fand dieses Orchester immer sehr besonders – genau nach meinem Geschmack.

Keine "Globalisierung" für den Dresdner Klang!

BR-KLASSIK: Die Sächsische Staatskapelle Dresden wird in diesem Jahr 475 Jahre alt. Herr Schiff, was wünschen Sie diesem Orchester?

Oh, ich gratuliere herzlich und ich wünsche den Musikern, dass sie diese wunderbare Tradition fortsetzen. Und auch, dass sie ihr eigenes Profil behalten und sich nicht "globalisieren" lassen!

András Schiff und die Sächsische Staatskapelle Dresden

Dienstag, 20. Februar 2024, 20:00 Uhr
München, Isarphilharmonie

Johann Sebastian Bach: Brandenburgisches Konzert Nr. 5 D-Dur, BWV 1050
Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 23 A-Dur KV 488
Felix Mendelssohn Bartholdy: Symphonie Nr. 4 A-Dur op. 90 "Italienische"

Sir András Schiff (Klavier und Leitung)

Sendung: "Allegro" am 20. Februar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

Mehr zum Thema

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player