Johann Strauss‘ Operette "Die Fledermaus" ist eine der beliebtesten und meistgespielten des Genres. Gern wird sie zum Ende des Jahres auf die Spielpläne gesetzt – auch an der Bayerischen Staatsoper in München. Am 23. Dezember ist Premiere der Neuinszenierung von Barrie Kosky. Die musikalische Leitung hat Vladimir Jurowski.
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"Der Hauptkonflikt im Stück ist die Rache eines erniedrigten Mannes an seinem Freund. Das ist ernst. Das ist eigentlich überhaupt nicht lustig", sagt Vladimir Jurowski. Er leitet am 23. Dezember die Premiere von Johann Strauss‘ Operette "Die Fledermaus" an der Bayerischen Staatsoper in München. Der gekränkte Mann, von dem der Dirigent spricht, heißt im Stück Dr. Falke, der einstmals sturzbetrunken im Fledermauskostüm und umringt von Marktweibern aufwachte. Damit war ihm der Spitzname "Fledermaus" quasi auf die Stirn tätowiert.
Szene aus "Die Fledermaus" an der Bayerischen Staatsoper. | Bildquelle: © Wilfried Hösl Riesige, alptraumhafte Fledermäuse lässt darum auch Regisseur Barrie Kosky herumschwirren. Immer schön im Dreivierteltakt. Kosky ist Spezialist für Operette, er kennt sich aus mit Musik, mit Schauspiel, findet auch Bassbariton Martin Winkler. "Kosky ist schnell, er ist witzig, um keine Antwort verlegen. Und die Art von Tempo und die Respektlosigkeit, die er hat, die ist wunderbar". Winkler übernimmt in der Fledermaus den glatzköpfigen Gefängnisdirektor, der mit Glitzerpumps sternhagelvoll durch "seinen Knast" wankt. Damit taumelt er nicht alleine: Es wird gelogen, auf den Putz gehauen, betrogen, gefressen und gesoffen, als ob es kein Morgen gäbe.
Lesen Sie hier, wieso Regisseur Barrie Kosky erst vor wenigen Jahren nichts von der "Fledermaus" wissen wollte.
In der "Fledermaus" bleibt gesellschaftlich und gesundheitlich kein Stein auf dem anderen. Dirigent Vladimir Jurowski setzt noch einen drauf: "Es ist ziemlich leicht, sie alle als Monster darzustellen, wirklich alle. Sogar die Adele ist sowas von karrieregesteuert." Das gilt auch für Gabriel von Eisenstein, gesungen von Georg Nigl. "Das Spannende ist, den Bogen so zu spannen, dass selbst der Gabriel von Eisenstein, der wirklich ein mieser Hund ist, dann auf eine gewisse Art und Weise doch sympathisch ist."
Man muss sauber singen können, wie ein Uhrwerk.
Diana Damrau singt die Rosalinde in der neuen "Fledermaus"-Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper. | Bildquelle: Jiyang Chen Auch Rosalinde, Eisensteins Gattin, ist kein verschüchtertes armes Hascherl. Sie schmeißt sich mit Karacho in die Arme des lüsternen Tenors Alfred. Für die Sopranistin Diana Damrau ist die raffiniert komponierte Rosalinde eine Traumrolle: "Man muss sauber singen können, wie ein Uhrwerk. Rosalinde hat auch das Sezierbesteck in der Hand, sie muss dann in diesen Ensembles wie eine Nähmaschine funktionieren."
Die Crux mit der Fledermaus ist, dass sie den Status einer heiligen Kuh hat. Irgendwie hat jeder irgendeine Verbindung zu ihr, sei es aus dem Fernsehen – durch die Verfilmung mit Peter Alexander und Hans Moser – oder eben die legendäre Inszenierung von Otto Schenk an der Bayerischen Staatsoper mit Carlos Kleiber am Pult. "Jeder denkt zu wissen, wie die Fledermaus zu gehen hat. Es ist schon so, dass man sich einer Kritik ausgesetzt sieht, wenn man sich an ein vertrautes Stück ranwagt. Und da ist es eben wichtig, dass man aus Überzeugung handelt", sagt Vladimir Jurowski.
"Wie eine Droge": Lesen Sie hier unser Interview mit Dirigent Vladimir Jurowski zur "Fledermaus"-Premiere.
Barrie Kosky inszeniert "Die Fledermaus" in München. | Bildquelle: © Wilfried Hösl
Der Dirigent Vladimir Jurowski ist von dem Stück absolut überzeugt, weil ihm das Werk schon rein musikalisch so gut gefällt – obwohl er eigentlich kein Operettenfan ist:
"Ich habe mich diesem einen Stück verschrieben, weil es für mich zum Besten gehört, was je in der westlichen Hemisphäre komponiert wurde. Ich bin einfach ein absoluter Johann Strauss-Fan. Ich finde seine Musik ist wie eine Droge und wenn man der Droge verfällt, ist es für immer."
Premiere: 23. Dezember 2023
Musikalische Leitung: Vladimir Jurowski
Inszenierung: Barrie Kosky
Mehr Informationen zur Premiere von "Die Fledermaus" finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsoper.
"Die Fledermaus" im Fernsehen
Die neue Inszenierung von Barrie Kosky mit viel Glitzer und einer genialen Steptanzeinlage können Sie am Silvesterabend auf ARTE sehen. Danach wird sie noch 30 Tage in der Mediathek zum Nachhören und Nachschauen verfügbar sein.
Premierenkritik
Eine Premierenkritik zur neuen "Fledermaus" an der Bayerischen Staatsoper können Sie am 24. Dezember auf der Website von BR-KLASSIK lesen.
Sendung: "Allegro" am 22. Dezember ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Freitag, 22.Dezember, 16:30 Uhr
Alexander Störzel
Barry Kosky inszeniert "Die Fledermaus"
Ich denke jedes Jahr an Silvester an die Vorstellungen unter Carlos Kleiber.
In Wien ist die legendäre Otto Schenk-Inszenierung noch zu sehen.
Genug Nostalgie.
Ich schätze, dass dies eine sehr lebendige, frische und humorvolle "Fledermaus" werden wird.
Personenregie und Witz hat Herr Kosky heraus - mir persönlich gefallen nur seine Sichtweisen bei den Werken Richard Wagners nicht.
Auf jeden Fall wünsche ich dem ganzen Team vollen Premierenerfolg und uns Allen danach
angenehme, schöne Weihnachtsfeiertage und für das kommende Jahr mehr Weltfrieden.
Freitag, 22.Dezember, 15:01 Uhr
Barboncino
Operette
Traditionell wird zu Silvester die Operette mit der "Fledermaus" aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt.Weshalb ist die kleine Schwester der Oper etwa seit den sechziger Jahren in der Versenkung verschwunden,obwohl sie doch so viel Lebensfreude, Witz,Charme und schmissige Melodien zu bieten hat? Auch der BR widmet ihr wöchentlich lediglich einmal ein knappes Stündchen und hie und da eine in das laufende Programm eingestreute Arie. Was dem( von mir durchaus geschätzten) Jazz im BR-Abendprogramm ( 19 Uhr 5) recht ist, sollte auch der Operette billig sein.Sie hat es nicht nur an Silvester verdient.