Saftige Wiesen, kantige Berge und zünftige bayerische Volksmusik: Da lacht das britische Komponistenherz. Ohne seine Frau hätte Edward Elgar seine Tänze allerdings nicht schreiben können. Die hat sich nämlich im Dorf genau umgehört.
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Es erscheint unwahrscheinlich, dass eine distinguierte Engländerin wie Alice Elgar traditionelle Werdenfelser Volksgesänge sachgerecht zu übersetzen wußte. Doch das war vielleicht auch nicht das Anliegen des Ehepaars Alice und Edward Elgar, das zwischen 1893 und 1897 regelmäßig seine Sommerfrische in Garmisch verbrachte. Die beiden waren fasziniert von der Schönheit des Bayerischen Oberlandes. Und speziell Alice ließ sich gefangennehmen von den urwüchsigen Ritualen und Gesängen seiner Bewohner.
Auch auf CD erschienen: "From the Bavarian Highlands" von Edward Elgar mit dem Chor des BR und Howard Arman | Bildquelle: BR
"Es gibt einige Indizien dafür, dass sie dort nicht nur Lieder gehört, sondern die Texte auch gelesen hat", meint Dirigent Howard Arman, der mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks die Sammlung "From the Bavarian Highlands" von Edward Elgar auf CD eingespielt hat. "Es gab ja die ersten Sammlungen von Volksliedern und wir meinen, sehr enge Verbindungen gefunden zu haben zwischen einer dieser Sammlungen und dem, was sie geschrieben hat", so Arman weiter, der vermutet, dass das Ehepaar Elgar so ein Bayerisches Volksliedbuch als Mitbringsel nach England imporiert haben könnte. Dort hat Alice dann eigene Verse in englischer Sprache verfasst, die Edward wiederum zu Liedern vertonte.
Was da jedoch aus den 6 klavierbegleiteten Liedern von Edward Elgar tönt, scheint eher ein Bayern zu sein, wie es sich ein feinsinniger Engländer eben vorstellt: Weniger orientiert an originärer Volksmusik als vielmehr entsprungen den eigenen glücklichen Erinnerungen. Im Herbst 1895 erschien die Partitur der Lieder in England im Druck und im darauffolgenden Frühjahr wurden sie von der Worchester Choral Society unter Leitung des Komponisten uraufgeführt. Den einzelnen Liedern ist tagebuchartig jeweils ein bayerischer Ort zugeordnet: dem Schützenlied die Gemeinde Murnau, der "Falschen Liebe" der Wamberg oder dem Wiegenlied das kleine Hammersbach, das heute als Ortsteil zu Grainau gehört. "Man atmet schon die Bergluft ein bißchen in diesen Stücken", sagt Howard Arman, "aber er hat nicht versucht, die Volkmusik zu imitieren, er hat was Neues, Eigenes gemacht."
Man atmet schon die Bergluft
Statt schweißtreibender Bergtouren scheint das Ehepaar Elgar ohnehin lieber seine Beobachtungen von der Terrasse der "Villa Bader" aus angestellt zu haben. Studien, die Edward Elgar auch in seinem Tagebuch vermerkt, sogar, was den Alkoholkonsum der Bayern, als auch das mangelnde Streben nach Reichtum angeht: "Vielleicht deshalb, weil übermäßiger Reichtum zur Steigerung der Lebensfreude in diesem herrlichen Land nicht notwendig scheint. Lebensfreude erlangt man hier hauptsächlich durch die genügende Menge Bier. Welche Menge dafür notwendig ist, hängt natürlich vom Einzelnen ab, lässt sich aber bei vorsichtigster Schätzung mit mehreren Litern pro Tag ansetzen."
Sendung: "Allegro" auf BR-KLASSIK am 10.04.2025 ab 06:05 Uhr
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