Mitglieder des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks sind diese Woche wieder an Schulen in ganz Bayern unterwegs. Sie geben Konzerte und sprechen mit Schülerinnen und Schülern über Musik. Diesmal im Fokus: Amy Beach. Sie hat als erste amerikanische Frau eine Symphonie komponiert. Für die 1920er-Jahre war das revolutionär.
Bildquelle: BRSO
100 Schülerinnen und Schüler des Christian-Ernst-Gymnasiums in Erlangen strömen die wenigen Stufen hinunter in die Aula. Durch die großen Fenster scheint die Sonne in den Raum. Sneaker quietschen über den Holzboden. Einige Schüler quetschen sich durch die Stuhlreihen, um noch einen Platz neben den besten Freunden zu ergattern. Heute steht aber nicht Deutsch, Mathe oder Physik auf dem Lehrplan. Die Jugendlichen der neunten und zehnten Klassen werden stattdessen eine Musikstunde der besonderen Art erleben. Das ausgelassene Gemurmel verstummt, als fünf Musikerinnen und Musiker des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO) mit ihren Instrumenten den Raum betreten. Sie nehmen ihre Plätze ein – jeder in einer Ecke des Raumes, der fünfte steht im Mittelgang. Über die Köpfe der Schüler hinweg tauschen sie einen Blick, nicken sich fast unmerklich zu und beginnen zu spielen.
Amy Beach | Bildquelle: picture alliance/Everett Collection Amy Beach – das ist die Komponistin, um die es in diesem Konzert geht. Ihr Stück "Thema und Variation für Flöte und Streichquartett" wurde 1920 veröffentlicht. Zu einer Zeit also, in der Frauen eigentlich nur drei Aufgaben hatten: Küche, Kinder und Kirche. Komponieren gehörte nicht dazu. Doch Amy Beach ging mit ihren Werken an die Öffentlichkeit und machte sich stark für Frauen in der Musik. Genau darum geht es heute auch am Christian-Ernst-Gymnasium. Denn das Ensemble spielt das Stück nicht in einem Rutsch durch. Zwischen den Sätzen stellt Moderatorin Uta Sailer die Komponistin vor. Mit großen Gesten erzählt sie von Amy Beach – der ersten amerikanischen Frau, die eine Symphonie komponiert hat. Dann sind die Schüler dran: Sie haben eigene Beiträge vorbereitet, zum Beispiel ein schauspielerisches Streitgespräch zwischen Amy Beach und Antonín Dvořák, der Beach als Komponistin anzweifelte.
Zwischen den Sätzen können die Schülerinnen und Schüler Fragen stellen. Das Christian-Ernst-Gymnasium ist ein Musisches Gymnasium. Das heißt, alle spielen hier ein Instrument. Eine Jugendliche will wissen, ob die Profis vom BRSO vor ihren Auftritten immer noch aufgeregt sind. "Man kann immer noch sehr aufgeregt sein", sagt Flötistin Ivanna Ternay. "Aber ich glaube, das ist auch einfach das Positive. Das zeigt, dass man immer noch mit Herzblut dabei ist und dass man es immer noch gut machen möchte. Im besten Fall ist es eine positive Aufregung."
Auch für die Musikerinnen und Musiker sind die Auftritte an den Schulen etwas Besonderes. Normalerweise stehen sie mit bis zu 100 Leuten auf der Bühne. Sie freuen sich über das Interesse der Schüler an ihrer Arbeit, sagt Cellistin Uta Zenke-Vogelmann. Aber sie möchten den Schülern auch etwas für ihr Leben mitgeben: die Bedeutung von Musik. "Sie bildet nicht nur die Synapsen für Zusammenspiel und Zuhören, was in dieser Zeit eine unglaublich wichtige Fähigkeit ist," erklärt die Cellistin. "Sie bildet nicht nur das Gehör, sondern sie bildet auch die Seele. Sie öffnet für andere."
Musik bildet die Seele. Sie öffnet für andere.
Damit die Schüler das auch selbst spüren, singen sie einen Teil des Stückes gemeinsam mit den Musikerinnen und Musikern des BRSO. Als der erste Ton erklingt, ist das Eis gebrochen und alle singen mit. Die etwas andere Musikstunde kommt bei den Schülerinnen und Schülern gut an: "Ich fand's wirklich beeindruckend, was die Musiker für eine Leidenschaft haben bei der Musik", schwärmen sie. "Es hat einfach Spaß gemacht, zuzuhören und die zu beobachten."
Sendung: "Leporello" am 19. Juni 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Donnerstag, 20.Juni, 10:26 Uhr
Titus
Bärendienst
Will man den Schülern klassische Musik näherbringen oder den Feminismus? Beides auf einmal ist schwierig. Amy Beachs Werk ist ja wahrlich nicht dazu angetan, Novizen der klassischen Musik in Begeisterungsstürme zu versetzen.
So ist die Tour nur eine Alibiveranstaltung für die Subventionsdiskussion um die Rundfunk Orchesters ("Wir sind auch in der Jugendarbeit involviert"), junge Konzertgänger wird man so wohl kaum gewinnen.