Er ist einer der großen Dirigenten unserer Zeit, wenngleich als Chef nicht unumstritten: Christian Thielemann. Nach Stationen an der Deutschen Oper Berlin, in München und Dresden kehrt er jetzt nach Berlin zurück, als Nachfolger von Daniel Barenboim an die Staatsoper Unter den Linden. Am Montag hat er dort die Spielzeit 2024/25 vorgestellt.
Bildquelle: Peter Adamik
Auf der Bühne der Staatsoper Unter den Linden lächelt er im graugrünen Janker mit Perlmuttknöpfen für die Fotografen und gibt bekannt, dass er der Zusammenarbeit mit der österreichischen Intendantin Elisabeth Sobotka höchst optimistisch entgegenschaut, im Sinne einer gelungenen "habsburgisch-preußischen Verbindung". Christian Thielemann ist Berliner, bekennender Preußenfan und hat einst in Charlottenburg als Korrepetitor an der Deutschen Oper für Daniel Barenboim Richard Wagners "Tristan und Isolde" einstudiert.
"Daniel ist derjenige, der in meinem Leben von allen Kollegen die wichtigste Rolle gespielt hat", erzählt er und erinnert sich an die ersten Proben mit Barenboim. Wenn ihm damals jemand geweissagt hätte, er würde Barenboims Nachfolger an der Staatsoper werden, das hätte er für ein schlechtes Drehbuch gehalten. "Manchmal nimmt man die Zufälle gar nicht mehr als Zufälle wahr, sondern ist dankbar, dass es so kommt." Christian Thielemann betont, wie gelassen er sei, denn das Musizieren mit dem Orchester habe gezeigt, welch guten Kontakt es zwischen ihm und dem Klangkörper gibt, als er Wagners "Ring des Nibelungen" dirigiert hat und mit dem Orchester auf Tournee gegangen ist.
Für all die vielen Erfahrungen in Leitungsfunktionen bislang sei Christian Thielemann heute dankbar, sie würden ihm helfen, in Berlin erfolgreich zu sein. Auf die Schwierigkeiten an der Deutschen Oper, in München oder Dresden geht er nicht weiter ein, er betont stattdessen eine Tugend, die er erst in reiferen Jahren schätzen gelernt habe:
"Das Dirigieren ist eine Sache, bei der es wichtig ist, zuzuhören. Das kann man in jüngeren Jahren nicht, da ist man ungeduldiger. Wenn man von einem Orchester so viel angeboten bekommt, das ist wunderbar. Wer schafft es schon, dunkel zu spielen und trotzdem durchsichtig?" Es mache ihm besondere Freude, auf diesen Pfaden seines Vorgängers zu wandeln. Er habe das Gefühl, aus ganz ähnlichem Holz wie Barenboim geschnitzt zu sein.
Thielemann wird nur eine Opernpremiere dirigieren, zum Schluss der Spielzeit 2024/25. Es handelt sich um Richard Strauss' "Schweigsame Frau" nach dem Libretto von Stefan Zweig – ein Werk, das weder er noch die Staatskapelle bislang aufgeführt haben. Hinzukommen Abonnementkonzerte mit Bruckner-Symphonien und Felix Mendelssohns Zweitem Klavierkonzert, mit Igor Levit am Flügel. Er dirigiert das beliebte Freiluftkonzert auf dem Bebelplatz vor der Oper und zu Silvester und Neujahr heiter-tiefsinnige Kompositionen aus der Weimarer Zeit von Kurt Weill, Werner Richard Heymann und Friedrich Holländer. Ein besonderes Anliegen sei ihm das Werk des ehemaligen Hofkapellmeisters der Staatsoper, nämlich Richard Strauss mit seinen vierzig Orchesterliedern.
Es sei unglaublich schwer, Solisten dafür zu finden. In München hat er es versucht, in Dresden ist der gesamte Strauss-Lieder-Plan Corona zum Opfer gefallen, in Berlin nun will er es schaffen. Ein betont gut gelaunter und allen Mitwirkenden zugewandter Christian Thielemann tritt also im Haus Unter den Linden als Generalmusikdirektor an. Möge dies auch in den kommenden Jahren so bleiben.
Sendung: "Leporello" am Montag, 13. Mai ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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