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"Hänsel und Gretel" in Bayreuth? Reaktionen aus der Klassik-Community

Humperdinck statt Wagner auf dem Grünen Hügel? Der Vorschlag von Ministerin Claudia Roth, nicht nur Wagner-Opern bei den Bayreuther Festspielen aufzuführen, um "jünger und diverser" zu werden, sorgt für Diskussionsstoff.

Bayreuther Festspielhaus mit pro- und contra-Symbol | Bildquelle: ©Markus Konvalin/Montage BR

Bildquelle: ©Markus Konvalin/Montage BR

Die Gemüter in der Wagner-Gemeinde – und nicht nur dort – kochen hoch, denn kurz vor dem Start der Bayreuther Festspiele hat sich die Kulturstaatsministerin Claudia Roth zu Wort gemeldet und ein paar heiße Thesen in den Raum geworfen.

Claudia Roth: Weg von der Wagner-Monokultur in Bayreuth!

Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Kulturstaatsministerin, bei der Eröffnung der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele im Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. Die Festspiele beginnen in diesem Jahr mit einer Neuinszenierung von «Tristan und Isolde» | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Löb Kulturstaatsministerin Claudia Roth spricht sich dafür aus, bei den Bayreuther Festspielen auch andere Komponisten als Wagner aufzuführen. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Löb Die Festspiele "laufen nicht mehr von alleine", sagte Roth, Bayreuth sollte insgesamt "vielfältiger, bunter und jünger" werden. Obwohl ihr klar ist, dass das eine Änderung des Stiftungszwecks voraussetzen würde, wünscht die Kulturstaatsministerin sich, dass bei den Bayreuther Festspielen auch Werke anderer Komponisten außer Richard Wagner gespielt werden. "Mir schwebt da etwa Engelbert Humperdincks 'Hänsel und Gretel' vor. Das ist eine Oper, die aus der Wagner-Tradition kommt", so Claudia Roth.

Contra aus der Kulturszene und der Politik

Dieser Vorschlag löst nicht nur bei Fans Unruhe aus, sondern auch bei Bayreuther Künstlern wie dem Bayreuth Tenor Andreas Schager: "Immer, wenn sich die Politik meint, programmatisch in die Kultur einmischen zu müssen, kommt nichts Gutes dabei raus", schreibt er auf der BR-KLASSIK Facebookseite. Schützenhilfe bekommt Schager da ausgerechnet aus der Politk, von Claudia Roths bayerischem Kollegen Markus Blume, der mit ihr im Stiftungsrat der Festspiele sitzt. Der Bayerische Kunstminister sagte im BR-KLASSIK-Interview: "Wovor ich uns dringend schützen möchte, ist, dass die Politik Einfluss nimmt auf die künstlerische Gestaltung und auf die Ausrichtung des Programms in Bayreuth. Bayreuth muss Wagner bleiben. Das ist die Essenz und daran dürfen wir nicht rütteln."

Bayreuth muss Wagner bleiben.
Markus Blume, Bayerischer Kunstminister

Ähnlich sieht das auch der Tenor Klaus Florian Vogt, der seit 17 Jahren bei den Bayreuther Festspielen singt. Dass bei einem Musikfestival ausschließlich Wagner-Werke aufgeführt werden, sei "ein Alleinstellungsmerkmal in der Welt". Vogt hofft, dass die Entscheidungsträger "sich bewusst sind, dass man so ein hohes Gut nicht einfach hergeben darf."

Besonderes Profil der Festspiele nicht ohne Not aufgeben!

Sven Friedrich, Direktor des Richard-Wagner-Museums in Bayreuth, warnt vor einem "Gemischtwarenladen der Beliebigkeit", wenn die Bayreuther Festspiele ihr besonderes Profil ohne Not aufgeben würden. Denn was sei damit gewonnen? Friedrich glaubt nicht, dass man mit "Hänsel und Gretel" mehr junges Publikum anlocken könnte als etwa mit Wagners "Der Fliegende Holländer". Claudia Roths Vorschlag sei "weder neu noch originell". Davon abgesehen sei das Bayreuther Publikum "nicht so alt und verknöchert wie viele denken".

Neues Publikum in Bayreuth? Nicht mit "Hänsel und Gretel"!

Auch unter den Klassikfans wird heiß diskutiert. Der Grundtenor in der Kommentarspalte der BR-KLASSIK-Facebookseite lautete: Bayreuth sei nicht trotz, sondern wegen Wagner und der Konzentration auf sein Werk so fantastisch. Dass es überhaupt funktionieren würde, mit anderen Komponisten neues Publikum anzulocken, zweifeln wie Sven Friedrich viele an. Ein Leser von BR-Klassik.de kommentierte: "Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Wer zum Beispiel absolut mit Fußball 'nichts am Hut hat', den bekommt man auch nicht in ein Stadion, auch dann nicht, wenn man die Regeln ändert."

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Mehr junge Festspielgäste durch niedrigere Preise

Der Grüne Hügel in Bayreuth und Ticket für die Meistersinger (Archiv) | Bildquelle: picture-alliance/dpa Diskussion in der Klassik-Community: Würden günstigere Tickets ein jüngeres Publikum nach Bayreuth locken? | Bildquelle: picture-alliance/dpa Viele andere Kommentierende auf BR-KLASSIK Facebook und der BR-KLASSIK Website verweisen darauf, dass bestimmte Inszenierungen abschrecken und andere sehr wohl junges Publikum anlocken können, etwa der aktuelle "Tannhäuser". Eine sehr große Gruppe sucht die Lösung des Problems an ganz anderer Stelle: "Wenn man jüngeres Publikum gewinnen will, würden deutlich niedrigere Preise helfen."

Längere Festspielzeit mit anderen Komponisten?

Aber es gibt auch Leute, die Claudia Roths Idee gar nicht so schlecht finden. "Warum nicht, muss ja nicht zur Festspielzeit sein", kommentiert ein Leser. Und da geht auch Kunstminister Markus Blume durchaus mit: "Ich bin eher geneigt darüber nachzudenken, ob die Festspiele nur auf diese wenigen Wohen im Sommer konzentriert sein müssen oder ob nicht in Bayreuth auch außerhalb dieser Zeit etwas stattfinden kann." Er könne sich vorstellen "Die Festspielzeit gedanklich zu verlängern, mit anderen Formaten."

Wagners Wille muss berücksichtigt werden

Diskussion hin oder her: Letztendlich liegt es an der Richard-Wagner-Stiftung zu entscheiden, ob andere Komponisten als Wagner im Bayreuther Festspielhaus aufgeführt werden dürfen. Dass das derzeitige Konzept geändert werde, sei aber "sehr unwahrscheinlich", meint Thomas Ebersberger, Geschäftsführer der Stiftung und Bayreuther Oberbürgermeister, im Gespräch mit BR-KLASSIK. Die Stiftung setze alles daran, "den Willen Wagners zu berücksichtigen", sprich, nur bestimmte Werke von Richard Wagner im Festspielhaus aufzuführen. "Hänsel und Gretel" wird auf dem Grünen Hügel also wohl auch in Zukunft nicht gespielt.

Sendung: "Allegro" am 19. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (10)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Montag, 22.Juli, 14:07 Uhr

Lars Feierabend

Realsatire

Man ist von der Dame ja einiges gewohnt, allerdings dachte ich tatsächlich, dass hier alle einem Satire- Account aufgesessen sind. Aber wie so oft in diesen Zeiten: Die (grüne) Wirklichkeit schlägt alle Satire.

Montag, 22.Juli, 08:07 Uhr

Peter Thomas Ptasik

Claudia Roth / Beyreut

Mein Vorschlag: Claudia Roth, Anna-Lena Bärbock und Riccarda Lang als die 3 drei Rheintöchter zu verpflichten. Wiegelaweia, das würde Katharina Wagner die Kasse füllen. Und in der Nachspielzeit könnten sie dann noch als Hänsel und Gretel und die kluge Hexe auftreten.

Samstag, 20.Juli, 22:24 Uhr

Resch

Längere Festspielzeit

mich persölich würde ansprechen: wenn man zusätzlich gelungene wagner produktionen
anderer häuser (hier wäre etwa die eine oder andere wagner produktion des opernhauses
in sofia ein würdiger kandidat und eine echte bereicherung) zu einem zweiten jährlichen
fixtermin aufführt. man würdigt die werke derjenigen denen wagners werk wirklich am herzen liegt quasi an höchster stelle.

Samstag, 20.Juli, 20:24 Uhr

Geisterbote

Neu erfinden ist notwendig

Den Vorschlag von Frau Roth finde ich prinzipiell gut, es muss sich sicherlich radikal etwas in Bayreuth ändern. Katharina Wagner hat sicherlich ihre Chance gehabt, aber hat, das ist meine persönliche Meinung, die Festspiele nicht wirklich nach vorne gebracht. Man sollte da jetzt keinen Erbhof der Familie Wagner mehr draus machen, die Zeiten sind wahrscheinlich vorbei, wenn man ehrlich ist. Es müssen sicherlich auch interessantere Regisseurinnen und Regisseure gewonnen werden. Beim Sängerensemble gibt es sicherlich auch Luft nach oben. Es wäre Bayreuth zu wünschen, dass es sich neu erfinden kann.

Samstag, 20.Juli, 17:07 Uhr

Volkmar Heller

Bayreuth

Ich glaube nicht,dass es der Politik gelingen wird durch Ideen aus der Mottenkiste des Antiwagnerismus die Bayreuther Festspiele in der von Wagner begründeten Form zu zerstören.
Die eigentliche Gefahr sehe in einem inneren Zersetzungsprozess ,der dem verflachten Zeitgeist huldigt und durch unerträgliche Inszenierungen diesen beschleunigt.Der letzte RING steht dafür exemplarisch.Heinrich Mann orakelte,dass mit dem Ende des Kaiserreichs auch die ganze Wagnerei ein Ende finden würde.Auch in der Zukunft sollte die Mann'sche Weissagung bleiben was sie ist:Ein grandioser Irrtum!

Samstag, 20.Juli, 16:24 Uhr

Gerhard Cil

Festspiele

NEIN!! : "BUNTER " ,...??!!..WAS FÜR EINE sich IMMER WIEDER , IN PUNCTO KUNSTAUSÜBUNGSABWÄRTSTREND (!!)sich bestätigende PLATTITÜDE (!!), VERBAL DUMME FORDERUNG,...
RIENZI..JA!!...aufführungswürdig nicht nur der herrlichen Ouvertüre wegen..
ES GEHT HIER UM WAGNER UND SEINE WERKE UND UM NICHTS ANDERES in hoffentlich (!!!) Mal endlich wieder ausgewählten Rollenbesetzungen, NEU!! UND: ES KANN Nicht wahr sein Dass grosse Interpreten MEHRFACH BESETZT IN DIV. WERKEN(!!!)STIMMSTRAPAZIEREND(!!!) FÜR 5 -6 WOCHEN während dieses einzigartigen Festivals, das wir WAGNERerianer so sehr LIEBEN!!!!! Sich erschöpfen??!!
Wo bleibt der aussichtsreiche NACHWUCHSU.a.in den großen Partien...???,v.d. DIRIGENTEN UND DIRIGENTINNEN, die uns Hörer endlich mal IN BANN ZIEHEN könnten!!??
Dies ist DAS ESSENTIELLE PROBLEM dieses vergötterten Musikfestivals!!!

Samstag, 20.Juli, 15:07 Uhr

Erstling

Es so doch tol, wenn man Karten bekommen kann

Bayreuth ist doch letztendlich ausverkauft.

Ich bin froh, dass ich dieses Jahr erstmalig eine Karte für Bayreuth ergattern konnte. Ohne 10 Jahre Wartezeit, ohne Stress, am ersten Tag der Sofortbuchung. Die billigste Kategorie, alles andere ist mir zu teuer. Unterkunft in Nürnberg gebucht, Supersparpreis Bahnfahrt. Ich freue mich drauf.

Was nützt es, wenn Kinder 10 Jahre auf ihre Hänsel und Gretel Karten warten müssten?

Samstag, 20.Juli, 14:46 Uhr

Stefan Simon

Das haben auch andere Komponisten nicht verdient

So wie Wagners Werk in seinem eigenen Haus seit geraumer Zeit geschändet wird, sollte man dieses Schicksal einem Humperdinck oder Cornelius lieber ersparen. Der Niedergang der Festspiele liegt an den miserablen Inszenierungen. Vor 30 Jahren schon war meine Rede: Wenn es mit dem Regietheater so weitergeht, werden sie die Karten eines Tages verschenken müssen.

Samstag, 20.Juli, 09:04 Uhr

Michael Zimmermann

Keine Einmischung von grüner Politik

Der Stiftungsrat der Bayreuther Festspiele ist einziges Entscheidungsorgan und sollte das Erbe von Richard Wagner erhalten. Es gibt genügend viele Opernhäuser in Deutschland die Opern von anderen Komponisten zur Aufführung bringen können. Vielleicht in diesem Zusammenhang wäre es weise, wenn man weltweit und auch im deutschsprachigen Raum dafür sorgen würde, dass junge Sänger und Sängerinnen mit Potenzial zum Wagnerfach langfristig ausgebildet würden, um diese Opern kompetent SINGEN zu können!

Freitag, 19.Juli, 13:08 Uhr

Axel

Peppermueller

Bin total dagegen das in Bayreuth anderes als Wagner gespielt wird.
Frau Roth sollte das sehr schnell überdenken.Ich will hier nicht ausfallend werden.
Meine Gute Erziehung kommt da gottlob in Erinnerung und ich schweige zu diesem
abstrusen Vorschlag.

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