Die GEMA will ihre Vergütungsmodelle reformieren. Dabei wird auch die bisherige Einteilung in E-Musik und U-Musik diskutiert. Für Moritz Eggert, Komponist und selbst Mitglied der GEMA, sind diese Reformplänen ein "bedrohliches Signal" für die zeitgenössische Kunstmusik in Deutschland.
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Wenn Musik aufgeführt, abgespielt oder gesendet wird, werden Gebühren an die GEMA fällig. Diese Einnahmen werden dann an Verlage, Texter und Komponisten ausgezahlt. Wer wieviel bekommt, ist über ein Punktesystem geregelt. Sogenannte "Ernste Musik" wird nach diesem System höher bewertet als "Unterhaltungsmusik".
"Das System versucht, die E-Musik zu schützen, weil sie eben nicht dieselben kommerziellen Möglichkeiten hat wie die U-Musik“, erklärt der Komponist Moritz Eggert im Interview mit BR-KLASSIK. Der Hintergedanke der GEMA: E-Musik, etwa eine große Symphonie, ist oft sehr komplex und zeitaufwändig im Kompositionsprozess. Stücke der U-Musik hingegen entstehen häufig schneller und werden auch viel öfter gespielt, generieren also mehr Einnahmen. Die verschiedenen Vergütungskriterien für E- und U-Musik sollten daher einen Ausgleich für E-Komponistinnen und -Komponisten schaffen.
Doch dieser Ausgleich könnte mit der GEMA-Reform künftig wegfallen. Das wurde auch bei einer Infoveranstaltung für GEMA-Mitglieder am 23. Januar in Berlin deutlich. Die "Privilegisierung der Sparte E in Verteilung und Wertungsverfahren" sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es kurz und knapp auf einem Informationsblatt. Die Zahl der Aufführungen von E-Musik und die Ausschüttungssummen seien rückläufig. Man müsse außerdem auf den "Wettbewerb im internationalen Marktumfeld sowie perspektivisch rückläufige Fördermittel" reagieren. Fazit: Die E-Musik besonders zu fördern wie bisher, wird der GEMA zu teuer. Künftig sollen GEMA-Mitglieder aller Genres gleichberechtigt Zugang zur Kulturförderung in der GEMA haben.
"Erschreckend" findet Moritz Eggert diese Pläne. "Schon im Nationalsozialismus gab es Bestrebungen, das sogenannte 'Ernste Drittel' abzuschaffen. Das wurde damals verhindert. Aber dass es jetzt geschehen soll, in diesen politisch sehr schwierigen Zeiten, das ist dann schon ein sehr bedrohliches Signal."
Moritz Eggert sieht in den GEMA-Reformplänen eine Gefahr für die zeitgenössische Kunstmusik in Deutschland. | Bildquelle: Mara Eggert / musikhochschule-muenchen.de
Sollte es bald im Vergütungsmodell keinen Unterschied mehr zwischen verschiedenen Musikkategorien geben, hätten Komponistinnen und Komponisten von zeitgenössischer Kunstmusik einen großen finanziellen Nachteil, mahnt Moritz Eggert. Und nicht nur das: Nur wer durch die GEMA eine bestimmte Summe verdient, darf überhaupt stimmberechtigtes Mitglied werden. "Wie die E-Komponisten es in Zukunft schaffen sollen, ordentliches Mitglied zu werden, wenn ihr Einkommen vielleicht um zwei Drittel sinkt, das bleibt komplett nebulös."
Weniger Verdienst, das heißt auch weniger Mitspracherecht und damit weniger Sichtbarkeit in der Szene. So provoziere die GEMA ein Sterben auf Raten für die Kunstmusik, meint Eggert. "Ich frage mich in diesen Zeiten, wo die Kultur ohnehin wegen Kürzungen überall so bedroht ist, warum ausgerechnet ein relativ starker Verband wie die GEMA sich nicht einfach an die Prinzipien hält, die sie selbst bei ihrer Gründung aufgestellt hat. Wenn diese Art von Kulturförderung in Deutschland wegfällt, mache ich mir Sorgen um die gesamte zeitgenössische Musikszene. Das würde massive Konsequenzen haben."
Ich mache mir Sorgen um die gesamte zeitgenössische Musikszene.
Eggert ist vor allem enttäuscht, dass die Sorgen der E-Musik-Komponistinnen und -Komponisten zu den laufenden Reformen nicht gehört werden. "Wir wollen einbezogen werden. Seit über zehn Jahren machen wir ständig Vorschläge, wie so eine Reform aussehen könnte.“ Auch in der E-Musik-Szene seien längst nicht mehr alle glücklich mit der Einteilung in E und U, so der Komponist. "Aber dass sinnvolle Vorschläge ignoriert wurden und über unseren Kopf hinweg entschieden wurde, das schockiert uns schon sehr, weil die GEMA ja eigentlich ein Mitgliederverein ist."
Die GEMA selbst will sich bislang nicht im Detail zu ihren Reformplänen äußern. Auf Nachfrage von BR-KLASSIK hieß es nur, es könnten aktuelle "keine weiteren Auskünfte zum Stand der Gespräche" gegeben werden. Bei einer Versammlung der Mitglieder im Mai 2025 soll die Reform beschlossen werden. Ab 2028 sind dann erstmals Ausschüttungen nach der "neuen Kulturförderung" geplant.
Sendung: "Leporello" am 12. Februar 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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