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Salzburger Festspiele Spektakuläre Outfits für Julian Prégardien

Julian Prégardien ist heuer bei den Salzburger Festspielen ziemlich eingespannt: Zur Eröffnung glänzte der Tenor als Evangelist in Bachs Matthäus-Passion unter Leitung von Teodor Currentzis. Jetzt will er den Don Ottavio in Mozarts "Don Giovanni" aufwerten, wie er im BR-KLASSIK-Interview sagt.

Julian Prégarien als Don Ottavio in der "Don Giovanni"-Inszenierung bei den Salzburger Festspielen 2024 | Bildquelle: © SF/Monika Rittershaus

Bildquelle: © SF/Monika Rittershaus

BR-KLASSIK: Herr Prégardien, der Rolle des Don Ottavio, der hängt ja so ein bisschen das Klischee als verweichlichtes Anhängsel von Donna Anna nach, natürlich wegen der Rezeptionsgeschichte. Wie sehen Sie diesen Charakter?

Julian Prégardien: Genau, zum einen ist die Rezeptionsgeschichte dafür ausschlaggebend. Da wurde viel polarisiert. Es gibt ein alternatives Ende von Ludwig Rellstab. Der hat eine Novelle geschrieben: Donna Anna. Mit dem Ziel, Don Ottavio aufzuwerten. Der fordert dann irgendwann Don Giovanni zum Duell heraus, wird ganz dramatisch ums Leben kommen, in dieser Novelle. Also es gab schon im 19. Jahrhundert Ansätze, die Rolle aufzuwerten. Ich glaube, dass heute die beste Aufwertung durch Regie und die Verkörperung durch die Darstellenden selber geschehen kann. Meiner Meinung nach ist Ottavio ein liebender Mann, der Rechtschaffenheit und moralische Prinzipien verkörpert und dadurch ein ganz, ganz wichtiger Gegenpol zu Don Giovanni ist, der eben genau das nicht verkörpert.

Salzburger Festspiele 2024

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BR-KLASSIK: Und was macht die Regie, in diesem Fall Romeo Castellucci, mit der Figur?

Julian Prégardien: Er zeichnet ihn sehr extrem, indem er sich wahnsinnig viel Mühe gibt, Donna Anna zu beeindrucken. Nicht nur durch sein Handeln, sondern auch durch seine Outfits. Die Kostüme, die Don Ottavio verpasst bekommen hat, sind spektakulär, wirklich spektakulär. Während alle anderen Charaktere eigentlich Einheitskostüm haben, hat Ottavio pro Auftritt ein neues Kostüm. Und dann habe ich als Sänger tatsächlich Raum, glaubhaft zu singen. In meinen Arien "Dalla Sua pace" und "Il Mio Tesoro" bin ich in guter Art und Weise auf mich alleine gestellt. Also darf die Aussage dieser Arien, die sehr deutlich sagen, das Ottavio einen Grund hat, warum er so stark liebt, dass er auch einen Grund hat, warum er so handelt wie er handelt. Die darf ich mit großem Fokus auf die Musik gestalten.

BR-KLASSIK: Das ist ein ganz gutes Stichwort, weil sie beim Kunstlied - also ich nehme jetzt nur ihre neueste jüngste "Müllerin" zum Beispiel -, ganz wunderbare kleine Verzierungen einbauen. Wo man oft beim Hören denkt: Huch, das klingt ganz ungewohnt. Passiert sowas oder erlauben Sie sich sowas auch beim Don Ottavio?

Julian Prégardien, Tenor | Bildquelle: ©Chris Gonz Bildquelle: ©Chris Gonz Julian Prégardien: Diesen gedanklichen Ansatz der künstlerischen Freiheit was die Ausführungen angeht, den erlaube ich mir bei eigentlich aller Musik des neunzehnten oder frühen zwanzigsten Jahrhunderts, weil das dazugehörte in der damaligen Musizierpraxis. Das ist mein persönlicher Ansatz, dem muss man nicht folgen. Das ist tatsächlich Geschmackssache. Es gibt da kein richtig und falsch. Ich verziere auch die Arien des Don Ottavio.

BR-KLASSIK: Jetzt haben wir schon über die Regie geredet. Wie ist es mit der Zusammenarbeit mit Teodor Currentzis, der den Abend leitet - oder die Produktion generell?

Julian Prégardien: Wir haben ja schon das Festival gemeinsam eröffnet mit Bachs Matthäus-Passion. Und jetzt ist "Don Giovanni" eben die nächste Zusammenarbeit. Teodor Currentzis ist ein wahnsinnig genauer Arbeiter. Was das Publikum und überhaupt die Öffentlichkeit nicht wahrnimmt, ist die Akribie, mit der dieser Musiker Stücke erarbeitet. Die Tiefe, in die er geht, die Unerbittlichkeit des musikalischen Ausdrucks, den er von allen teilnehmenden Musiker:innen erwartet und ermutigt und auch mit psychologischem Gespür herauskitzelt. Das ist eine wirklich tiefgründige und ganz genaue Arbeit am musikalischen Text.

BR-KLASSIK: Jetzt sind Sie ja über einen sehr langen Zeitraum an einem Ort. Haben Sie schon so eine Art Routine entwickelt, wie Sie die Tage in Salzburg verbringen?

Julian Prégardien: Während der Probenzeit hatte ich eine Wohnung im Nonntal und habe da immer einen ganz schönen Spaziergang morgens hin und abends zurück, raus aus dem Festspielbezirk, machen können. Während der Vorstellungen werde ich mich eher zurückziehen. Und ich habe dann auch eine Woche lang meine drei Kinder dabei und bin mit denen außerhalb Salzburgs. Dann kommen im letzten Festivaldrittel andere Teile meiner Familie, meine Geschwister und meine Eltern für die "Don Giovanni"-Vorstellung. Und es gibt auch noch den Liederabend mit András Schiff am 17. August mit der "Schönen Müllerin". Da werde ich also viel familiäre Unterstützung haben bei diesem wirklich in vielerlei Hinsicht sehr besonderen Sommer für mich. Und freue mich, dass ich liebe Menschen um mich habe, Freunde, die mich dabei unterstützen bei meinen Aufgaben hier. Und ehrlich gesagt, ich war dieses Jahr an keinem Ort so lang, wie ich jetzt hier in Salzburg bin. Und das hat ja auch was Schönes.

Sendung: "Allegro" am 26. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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