In der "Götterdämmerung" reißt das Seil der Nornen – und ihr Wissen endet. Im letzten Jahr riss dem Bayreuther Publikum dafür der Geduldsfaden. Regisseur Valentin Schwarz stellt konsequent ein Kind als Ring-Verkörperung auf die Bühne. Im letzten Teil von Wagners Tetralogie ist es Brünnhildes und Siegfrieds Tochter. Und sie wird mit der Mutter entführt – wie einst der im "Rheingold" geraubte Junge. Der kehrt als gewalttätiger Hagen zurück ins fatale Spiel. Im letzten Jahr hagelte es für diesen "Ring" heftige Kritik. Funktioniert das Zusammenspiel mit Wagners Text und Musik jetzt besser?
Bildquelle: © Enrico Nawrath
Ein Kinderschlafzimmer bei Nacht wird von so manchen Geistergestalten heimgesucht. Und dem blonden Kind im rosa Schlafanzug wie auch dem Bayreuther Festspielpublikum präsentieren sich die Nornen in ihren gruseligen Glitzeroutfits stimmlich bestens aufgelegt und mit einem plastisch und vibrierend klingenden Festspielorchester. Dirigent Pietari Inkinen hat für diesen letzten Teil der Ring-Tetralogie das beste Händchen. Er hält die Spannung gleichbleibend hoch und kann Siegfrieds Rheinfahrt nach dem szenisch glaubwürdigen Ehekrach zwischen der überragenden Brünnhilde von Catherine Foster und dem trotz seines vorabendlichen "Parsifal"-Einsatzes nicht zu erschöpfenden Siegfried von Andreas Schager wirklich packend musikalisch ausleuchten.
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1. Aufzug: hinten - Kelly God (3. Norn), Claire Barnett-Jones (2. Norn), vorne: Okka von der Damerau (1. Norn) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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1. Aufzug: Michael Kupfer-Radecky (Gunther), Andreas Schager (Siegfried) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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1. Aufzug: Mika Kares (Hagen) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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1. Aufzug: Christa Mayer (Waltraute), Catherine Foster (Brünnhilde) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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1. Aufzug: Catherine Foster (Brünnhilde) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Mika Kares (Hagen), Chor und Statisterie der Bayreuther Festspiele | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Aile Asszonyi (Gutrune) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Michael Kupfer-Radecky (Gunther), Chor der Bayreuther Festspiele | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Michael Kupfer-Radecky (Gunther), Mika Kares (Hagen), Chor der Bayreuther Festspiele | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Catherine Foster (Brünnhilde), Mika Kares (Hagen) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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2. Aufzug: Mika Kares (Hagen), Michael Kupfer-Radecky (Gunther) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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3. Aufzug: Evelin Novak (Woglinde), Simone Schröder (Floßhilde), Stephanie Houtzeel (Wellgunde) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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3. Aufzug: Mika Kares (Hagen) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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3. Aufzug: Andreas Schager (Siegfried), Schülerstatisterie der Bayreuther Festspiele | Bildquelle: © Enrico Nawrath
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3. Aufzug: oben - Aile Asszonyi (Gutrune), Catherine Foster (Brünnhilde), Simone Schröder (Floßhilde), Schülerstatisterie der Bayreuther Festspiele, unten: Andreas Schager (Siegfried) | Bildquelle: © Enrico Nawrath
Auch Waltrautes Auftritt bei Brünnhilde wird zur hochemotionalen, faszinierenden Szene mit der fulminant gestaltenden Christa Mayer und Catherine Fosters starker, mütterlicher Brünnhilde. Bei den dekadenten neureichen Gibichungen wartet dann Mika Kares als emotional verkorkster Hagen mit schön gedeckeltem Bass und lässt seinen Frust an einem Boxsack aus. Auf einem übergroßen Foto sieht man ihn mit einem erlegten Zebra, und mit dem Messer zerstückelt er dann auch blutig Brünnhildes treuen Gefolgsmann Grane. Aber um den scheren sich Gunter und Gutrune ja nicht weiter.
BR-KLASSIK hat die Wiederaufnahme der "Götterdämmerung" am 31. Juli aus dem Bayreuther Festspielhaus übertragen. Hier können Sie den kompletten Mitschnitt anhören.
Stimmlich enttäuscht dieses Bling-Bling-Geschwisterpaar zwar, aber die szenische Charakterisierung ihrer überzeichneten Figuren gelingt Aile Asszonyi und Michael Kupfer-Radecky hervorragend. Und dann darf endlich auch der Bayreuther Festspielchor erklingen und die neuen Brautpaare willkommen heißen. Eine umwerfend-bizarre Szene mit dem zurecht legendären, perfekten Chorklang von Bayreuth.
Alle Infos und Kritiken zu den diesjährigen Bayreuther Festspielen finden Sie hier.
Konnte man Andreas Schager in den ersten beiden Akten gelegentlich die Anstrengung des Helden-Dauereinsatzes dieser Premierenwoche anmerken, gibt er seinen todgeweihten Siegfried im letzten Akt unfassbar intensiv auch im Dialog mit den homogenen Rheintöchtern im leeren Pool. Die finalen Szenen von Mika Kares als Hagen und dann Brünnhildes Schlussgesang trösten durch das Ohr das von den drastisch-grausamen Bildern der Inszenierung entsetzte Auge: Vatermord und Suizidversuch der Mutter vor den Augen des Kindes, ein triefender, erhängter Wotan im Hintergrund und der abgeschlagene Kopf von Grane. So ein Weltuntergang ist schon scheußlich, aber irgendwie doch furchtbar schön und aufregend!
Sendung: "Allegro" am 1. August 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (9)
Sonntag, 06.August, 22:16 Uhr
Hans Günther Lanfer
Götterdämmerung
Wieder so eine Rezension, in der man nichts von der Publikumsreaktion erfährt und sich der oder die Kritiker/in nicht traut, seine Meinung über die Inszenierung klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen. Ich empfehle zur Besserung die früheren Kritiken von Joachim Kaiser oder Marcel Reich-Ranitzki. Die hatten viel Ahnung und hielten mit ihrer fundierten Meinung die Leser oder Zuhörer nicht hinter dem Berg!
Mittwoch, 02.August, 17:16 Uhr
Chiara Baselli
Diese infantile und dämliche Inszenierung...
...braucht kein Mensch, deswegen meiden ernsthafte Musikfreunde zur Zeit Bayreuth. Ich vermisse Bayreuth auch...
Mittwoch, 02.August, 11:34 Uhr
Jürgen Hohnl
Bayreuth Ring 2023
Eine Ringinszenierung, die alle Brutalitäten und Zumutungen des Librettos ausblendet, braucht kein Mensch, Bayreuth als museale Einrichtung auch niemand. Insofern "Hut ab" vor dem Mut des Leitungsteams und der Sänger, auch an die Schmerzgrenze zu gehen. Für mich gaben sich Buh- und Bravorufer übrigens die Waage!
Mittwoch, 02.August, 11:22 Uhr
Trappe
Traurige Entwicklung
Im Mittelpunkt steht die Musik! Betrachtet man übergreifend Kritiken, kann leicht der Eindruck erweckt werden, dass es nur noch um die Regie geht. Das wiederum wirft kein gutes Licht auf die Regie, die meinen, man müsse heute die Stücke alle zeitgenössisch aufführen. Das Motto der Regisseure: Das Stück ist nicht gut genug, ich muss es umschreiben!
Traurig. Früher DIENTE der Regisseur wie alle beteiligten Musiker der Musik. Heute spielen sie sich leider zu verkappten HERRSCHERN auf. Und vergessen wird, dass eben die Musik das Zentrum der Aufführung darstellt. Auf solche heutigen Opernaufführungen verzichtet man dann gerne.
Dienstag, 01.August, 16:45 Uhr
Josep Mallol
Regitheater Absolut Scheisse!
die Stimmen und Musikalisch Wunderbar!
Dienstag, 01.August, 15:31 Uhr
Gufo
Kritik
Schönreden ist ein Markenzeichen unserer Zeit.Leider beteiligen sich auch Medien an diesem Wettbewerb.
Dienstag, 01.August, 12:22 Uhr
Wolfgang Ludwig-Mayerhofer
Regie - Kommentar Herr Gätzschmann
Sehr geehrter Herr Gätzschmann,
haben Sie bemerkt, dass die Rezension auch den Beifall verschwiegen hat? Haben Sie die Rezension überhaupt gelesen? Wo haben Sie denn Schöngerede gelesen? Ich lese hauptsächlich eine differenzierte Beurteilung der musikalischen Leistungen und vereinzelt der darstellerischen Fähigkeiten der Beteiligten. Die Inszenierung wird eher in Nebenbemerkungen angesprochen, gelobt wird sie dabei wirklich nicht.
Zu Ihrer pauschalen Abneigung gegen Regietheater darf ich Folgendes zu bedenken geben: Es gibt gute Fußballer, und es gibt schlechte. Es gibt gute Autofahrer, und es gibt schlechte. Es gibt gute Väter, und es gibt schlechte. Es gibt gute traditionelle Operninszenierungen, und es gibt schlechte.
Es gibt gutes Regietheater ...
Dienstag, 01.August, 09:54 Uhr
Markus Theiler
Kritik
Was für eine Bankerotterklärung an Kritik. Alles wird schön geredet, die musikalischen Probleme weitgehend übergangen. Das Buhgewitter am Schluß nicht erwähnt.
Dienstag, 01.August, 07:19 Uhr
Peter Gätzschmann
Regie
Kennen Sie "Des Kaisers neue Kleider"?
Och frage mich schon lange, wann das Schöngerede endlich aufhört! Wo bleibt das Kind, das dem "Kaiser" "modernes" Regietheater endlich zuruft: "Erhat ja gar nichts an!" - Bemerkenswert, dass die erneut unüberhörbaren Buhrufe des Publikums von der Rezension verschwiegen bleiben! Midt bleibt halt Mist!