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Joana Mallwitz bei den Münchner Philharmonikern Überzeugt mit Kodály und Bartók

Joana Mallwitz ist eine der erfolgreichsten Dirigentinnen unserer Zeit. Nach ihrer bejubelten Zeit als GMD der Nürnberger Oper ist sie seit Herbst Chefdirigentin des Berliner Konzerthaus-Orchesters. Gerüchteweise wurde bzw. wird sie sogar als mögliche Kandidatin für die Münchner Oper gehandelt. Derzeit ist sie jedenfalls in der bayerischen Landeshauptstadt und leitet bei den Münchner Philharmonikern zwei Konzerte.

Probenphase mit Joana Mallwitz und Anna Vinnitskaya bei den Münchner Philharmonikern (Juni 2024) | Bildquelle: Co Merz

Bildquelle: Co Merz

Was ihm einfiele, ein solches "Schmutzstück" aufs Programm zu setzen, schnauzte der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer den Dirigenten Jenő Szenkar nach der Uraufführung von Béla Bartóks Tanzpantomime "Der wunderbare Mandarin" an. 1926 war das. Teile des Publikums hatten ebenfalls ihr Missfallen gegenüber diesem ungewöhnlichen und aufwühlenden Werk kundgetan. Bartók hatte eine expressionistisch-expressive Partitur aus der Geschichte der Hinrichtung eines Freiers – des Mandarins – bei einer Prostituierten gemacht. Inhalt und Art der Musik waren für einige Zuhörer und Adenauer damals entschieden zu viel.

Radio-Tipp

BR-KLASSIK hat das Konzert mit Joana Mallwitz, Anna Vinnitskaya und den Münchner Philharmonikern aufgezeichnet und sendet den Live-Mitschnitt am 26. Juni 2024 ab 20:05 Uhr in seinem Hörfunkprogramm.

Konzertauftakt – gewagt und gelungen

Joana Mallwitz bewies durchaus Mut, dieses noch immer nicht gerade eingängige Werk bei den Münchner Philharmonikern aufs Programm zu setzen. Und das auch noch zu Beginn des Konzerts. Doch was die Chefdirigentin des Berliner Konzerthausorchesters hier an elektrisierender Spannung und markanter Gestik aus dem Orchester hervorlockte, war höchst beeindruckend. Hier wurde nichts geglättet, sondern im Gegenteil geschärft und zugespitzt. Und das mit solcher Überzeugungskraft, dass das Münchner Publikum gar nicht anders konnte, als das Ergebnis zu bejubeln.

Mallwitz, die Theaterdirigentin

Probenphase mit Joana Mallwitz und Anna Vinnitskaya bei den Münchner Philharmonikern (Juni 2024) | Bildquelle: Co Merz Joana Mallwitz und Anna Vinnitskaya bei der Probe | Bildquelle: Co Merz Wie sehr Joana Mallwitz eine Theaterdirigentin ist, bewies sie auch noch mit einem anderen Stück an dem Abend: der "Háry János"-Suite von Bartóks Landsmann Zoltán Kodály aus dem gleichen Jahr 1926. Hier geht es inhaltlich deutlich harmloser zu – Háry János ist die literarische Figur eines ungarischen Soldaten im 19. Jahrhundert, der hanebüchene Geschichten von eigenen Heldentaten erfindet und damit seine Zuhörer aufs Beste unterhält. Kodálys Musik transportiert das mit jeder Menge Charme, Augenzwinkern und ungarischem Kolorit, und auch die Dirigentin wusste hier auf den Punkt genau, wie man den orchestralen Witz dieses Stücks zum Klingen bringt – ganz große Klasse!

Dagegen fiel ausgerechnet das bekannteste Stück des Abends – Tschaikowskys b-Moll-Klavierkonzert – deutlich ab. Das Schlachtross des Klavierrepertoires wirkte ein bisschen zu Tode geritten in der allzu äußerlichen Interpretation durch die Solistin Anna Vinnitskaya, die sich bei jeder Gelegenheit als Tastenlöwin inszenierte und am liebsten Oktavendonner offerierte. Wenn die Sitznachbarin ausgerechnet im brillanten dritten Satz zu gähnen anfängt, ist das nicht gerade ein Beleg für eine packende Interpretation.

Sendung: "Allegro" am 17. Juni 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (6)

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Mittwoch, 26.Juni, 20:43 Uhr

Sleepless

1 Stück, 2 Kritiker, 3 Meinungen

ob die gähnende Sitznachbarin wohl eine Vorahnung hatte wie die "Tastenlöwin" zerlegt werden würde, ich schließe mich da eher der SZ an.

Sonntag, 23.Juni, 00:52 Uhr

Enttäuschter

Eine sehr subjektive Meinung

Hm. Ich durfte das Konzert am Sonntag um 11 Uhr miterleben.
Und ich war schockiert. Mag sein, dass sie eine gefeierte Dirigentin ist, jedoch passte ihre übertriebene Gestik nicht im Geringsten zum Notentext, noch zu dem was das Orchester spielte. Kein Problem ... nicht darüber aufregen. Es ging ja um die Musik. Also Augen zu und genießen. ... Leider nein. Es klang leider viel zu statisch und man hörte, dass es eher ein Notenkonzert, als ein Zusammenspiel zwischen Dirigentin und Orchester war. Einzig die Tatsache, dass wohl auch am Sonntag mitgeschnitten wurde, schien etwas mehr Ausdruck aus dem Notenspiel der Musiker*innen herauszuholen. Und dann ... das Klavierkonzert. Brachial. Kein Ausdruck. Der Flügel permanent zu laut. So laut, dass ein Stimmwirbel nachgab. Respekt, wie man ein Stück so niederdreschen kann. Zugabe (mit verstimmten Ton) und Pause. ... Leider sind hier die Zeichen zu Ende. So viel noch: Es wurde etwas besser. Jedoch keine Klangmalerei. Mallwitz für mich nie wieder.

Donnerstag, 20.Juni, 12:05 Uhr

Titus

@Trappe

Naja, so einfach ist das mit dem Dirigieren und der dazugehörigen Technik dann auch nicht.

Solti hatte eine furchtbar abgehackte Schlagtechnitk, Karajan schloss die Aurgen und tat oft sehr, sehr wenig.

Entscheidend ist letztlich, was man zu Hören bekommt.

Und das war bei den beiden doch oftmals besser als bei den eleganten Schlagtechnikern.

Keine Ahnung wie das bei Frau Malwitz ist. Ich bin ihr bisher aus dem Weg gegangen. Der Hype um diese Frau ist mir suspekt und scheint mit dem Holzhammer-Feminismus in den Medien zusammenzuhängen, der mittlerweile nur noch auf die Nerven geht.

Aber bleiben wir fair. Und die von ihnen ins Feld geführten Äußerlichkeiten sind nicht entscheidend bei der Beurteilung von Dirigenten.

Montag, 17.Juni, 17:13 Uhr

Andreas

Anonyme, unbegründete Kritik

Jeder Mensch, auch Musiker ähnlich einer Blume blühen mit der Zeit, gesammelten Erfahrungen auf. Es war ein unvergessenes Konzert, mit tollen Eindrücken!

Montag, 17.Juni, 15:54 Uhr

Trappe

Bitte gebt die Mallwitz nach München ab

Also das Dirigat ist handwerklich gesehen ein reiner Pfusch. Wie kann man denn ständig wippen und den Spannungsbogen herausnehmen. Das Dirigat folgt doch nur aus dem letzten Drittel des Arms. Der Rest des Körpers passt dann nicht zu der musikalischen Aussage. Das sind einfach Fakten. Es fehlt an handwerklichem Können. Daher würde ich mich für Berlin und das Konzerthaus erfreuen, wenn ein neuer Dirigent käme.

Montag, 17.Juni, 09:46 Uhr

Jörg Stegemann

Überzeugt mit Kodáy und Bartók

Leeve Lüüd nun lasst die Frau Mallwitz mal in Berlin. Ich finde sie ist hier im Konzerthaus am Gendarmenmarkt angekommen und überzeugt auf ganzer Linie. Mit Können und Charme. Es reicht doch dass ihr Basketball Meister geworden seid. Und Berlin ist immer eine Reise wert um eine herausragende Dirigentin zu erleben und Gastspiele sind doch auch möglich. Fröhlich Grüße nach München.

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