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Kritik – "La Périchole" von Offenbach in Wien Beste Unterhaltung mit Zeitbezug

Das Theater an der Wien wird derzeit renoviert, weshalb die große Operetten-Premiere der Spielzeit in der Ausweichspielstätte Halle E im Wiener Museumsviertel auf die Bühne gekommen ist: Jacques Offenbachs "La Périchole" in deutscher Fassung inszeniert von Nikolaus Habjan.

Szene aus "La Périchole", Theater an der Wien (Premiere 16.01.2023) | Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch

Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch

Der erste Akt spielt vor einem Wahlplakat des Vizekönigs von Peru, auf dem steht: "Peru darf nicht Österreich werden!" Und so ist der gesamte, temporeiche und witzige Abend durchzogen von Anspielungen auf aktuelle Politik und Politskandale – ganz im Sinne Offenbachs. Wir sind in einer heutigen, schrillen Operettenwelt: Hinter rollenden Augen auf dem Wahlplakat verbergen sich Spitzel, und Alexander Strömer gibt den Vizekönig, der sich gerne verkleidet mit wandlungsfähigem Bass.

Umwerfende Anna Lucia Richter in der Titelrolle

Anna Lucia Richter (La Périchole) und David Fischer (Piquillo) | Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch Anna Lucia Richter (La Périchole) und David Fischer (Piquillo) | Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch Der notorische Schürzenjäger hat es auf die Straßensängerin Périchole abgesehen. Die ist kurz vor dem Verhungern und  lässt sich trotz ihrer Liebe zu ihrem Freund Piquillo auf eine Zukunft als Maitresse am Hof ein. Dazu wird sie aber erstmal ordentlich betrunken gemacht.

Anna Lucia Richter ist umwerfend als starke Frauenfigur in einer korrupten Männerwelt, auch David Fischer als armer Sänger Piquillo klingt großartig mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der spritzigen Leitung von Jordan de Souza.

Puppe als gealterter Sebastian Kurz

Szene aus "La Périchole", Theater an der Wien (Premiere 16.01.2023) | Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch Bildquelle: Theater an der Wien, Werner Kmetitsch Auf und um die Bühne herum bis in den Zuschauerraum hinein brilliert ein exzellentes Schauspielensemble auch mit Gesang, aber besonders mit witzigen Dialogen in der gut übersetzten deutschen Textfassung. Der Arnold Schönberg Chor hüpft, zuckt, albert und säuft zum perfekten Gesang als resigniertes Volk, dass es eine Freude ist. Besonders originell und typisch für Regisseur Habjan ist der von einer Puppe verkörperte alte Gefangene im letzten Akt. Der ist seit Jahren eingekerkert und befreit Périchole und Piquillo. Er entpuppt sich als gealterter Sebastian Kurz, der wieder zurück in die Welt der Politik möchte und am Schluss lieber Fagott spielt.

Nikolaus Habjan zieht geschickt alle Regie-Register, wechselt im zweiten Teil wirkungsvoll in Theater auf dem Theater, und ganz zum Schluss verhilft der PRF– also die Medien – dem flüchtigen Paar zum Happy End. Welcher Herrscher will schon vor laufender Kamera ein Schwein sein? 

Diese neue "Périchole" bietet herrliche Musiknummern und beste Unterhaltung mit Zeitbezug. Ein richtig toll gemachter Operettenabend, exzellent musiziert und gespielt!

Sendung: "Allegro" vom 17. Janaur 2023 um 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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