Es gibt die Stimmfächer Sopran, Mezzosopran, Alt – und es gibt die Königin der Nacht. Sie ist im Reigen der Stimmlagen tatsächlich eine ganz eigene Kategorie. BR-KLASSIK wirft einen Blick auf einen der wichtigsten Charaktere der Operngeschichte.
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Um sie zu singen, braucht die Interpretin einen sehr großen Tonumfang. Und dann sind da noch die Koloraturen, diese schnellen, kurzen Verzierungen, die man auch nicht einfach so aus dem Handgelenk schüttelt. Aber genauso braucht man Wumms in der Tiefe und in der mittleren Lage. Wer das nicht alles mitbringt, muss gar nicht erst anfangen. Die Königin der Nacht kann also nicht jede Sängerin. Und wenn sie es dann kann, ist die Gefahr groß, dass sie in dieser Rolle "hängenbleibt" - ein bisschen so, wie ein Darsteller in einer TV-Soap, der zehn Jahre lang die umjubelte Hauptrolle spielt, aber danach kennt das Publikum ihn ausschließlich nur als Gesicht dieser Serie.
Undankbar ist die Rolle der Königin der Nacht auch noch – weil sie so kurz ist: Ganze zwei Arien, eine davon mit Rezitativ, und am Ende kommt nochmal ein Auftritt im Ensemble. Klar, da ist der Starauftritt mit der Rache-Arie dabei, aber ansonsten war's das. Muss man sich also gut überlegen.
Tannhäuser, Carmen, Aida und Co. – was macht die berühmtesten Opernfiguren eigentlich aus? BR-KLASSIK wirft einen Blick in die persönlichen Abgründe der wichtigsten Charaktere der Operngeschichte.
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Oper gerne, aber bitte ... zack, zack!
Die "Zauberflöte"
Und dann ist die Königin der Nacht ja auch noch so eine zerrissene Figur. Am Anfang ist sie ganz die besorgte Mutter und singt:
Zum Leiden bin ich auserkoren,
denn meine Tochter fehlet mir.
Durch sie ging all mein Glück verloren,
ein Bösewicht, entfloh mit ihr.
Sarastro, der Bösewicht, hat die Tochter der Königin der Nacht entführt. Klar, dass sie sich da Sorgen macht als Mutter, das kann man auf jeden Fall verstehen. Dann dreht sich das Ganze: Auf einmal ist Sarastro der Gute, der ja nur Pamina vor ihrer bösartigen Mutter retten wollte und die sternflammende Königin? Die dreht durch und sinnt auf Rache.
Stimmfach: Sopran
Tonumfang: f1 bis zum f3
Edda Moser als Königin der Nacht – "Der Hölle Rache"
Wilma Lipp als Königin der Nacht – "O zittre nicht"
Diana Damrau als Königin der Nacht – "O zittre nicht"
Edita Gruberova als Königin der Nacht – "Der Hölle Rache"
Edita Gruberova als Königin der Nacht in Jean Pierre Ponnelles Salzburger "Zauberflöte", 1978 | Bildquelle: Foto aus dem Buch Edita Gruberova von Markus Thiel / Henschel Verlag Jetzt zeigt sich die Königin der Nacht als narzisstische Mutterfigur, die ihrer Tochter kein Glück gönnt – manipulativ und machtbesessen. Hat sie sich am Anfang nur verstellt? Oder ist sie erst so geworden, weil man ihre Tochter entführt hat? Wie auch immer man diese Rolle interpretiert: Bedanken kann man sich da beim Librettisten Emanuel Schikaneder. Angeblich hatte noch während der Fertigstellung des 1. Aktes der Zauberflöte parallel ein anderes Stück Premiere, das eine ähnliche Handlung hatte. Schikaneder entschied sich also zu einem rasanten dramaturgischen Wechsel: Sarastro wird weise und gut, die Königin böse. Aufs Ganze betrachtet hat diese Frau also sehr unterschiedliche Facetten – wie es bei Menschen im richtigen Leben halt auch oft ist. Und mal ehrlich: reines Gut und Böse gibt’s doch eh nur in Kindermärchen.
Sendung: "Allegro" am 21. März 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Donnerstag, 21.März, 11:44 Uhr
Trappe
Bayrisch gefärbt unsachliche Sicht
Bei allem Respekt, aber Damrau diesbezüglich Weltstars wie Lucia Popp vorzuziehen, ist schon ein sehr bayrisch gefärbte Sicht.
Und wieder mal bleibt, das ist die einzelne (unbeachtliche) Sicht eines Schreibers.