Salzburg, Hamburg, München: An Peter Ruzicka geht im Bereich des zeitgenössischen Kulturlebens kein Weg vorbei. Zudem ist er ein international beachteter Komponist. Am 3. Juli 2023 feiert der gebürtige Düsseldorfer seinen 75. Geburtstag.
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Scheinbar mühelos tanzt Peter Ruzicka parallel auf verschiedenen Hochzeiten, schüttelt hier mal eine Oper aus dem Ärmel und dort ein Buch, während er lange Zeit auch als Intendant alle Hände voll zu tun hatte. Seit über vier Jahrzehnten prägt Ruzicka als Musikmanager, Dirigent und Komponist, als Autor, Moderator und Jurist das Musikleben unserer Zeit. Was antwortet so jemand auf die Frage nach seinem Beruf? "Bis vor ein paar Jahren Intendant", antwortet Ruzicka. "Jetzt ganz eindeutig und ausschließlich Komponist. Das war für viele Jahre nicht ganz einfach, weil beide Tätigkeiten sehr zeitaufwändig sind und vor allen Dingen eine gewisse Ausschließlichkeit verlangen. Und das sind dann doch Situationen, wo man sich fast bedrängt fühlt durch viele andere Aufgaben, die auf einen warten."
Die allererste Komposition schreibt Peter Ruzicka 1967 mit knapp 20 Jahren: "Drei Szenen für Klarinette solo". Bis dahin hat er, ausgebildet am Hamburger Konservatorium, vor allem Oboe und Klavier gespielt. "Das Klavier stand am Anfang", erinnert sich Ruzicka." Die Bemühung, nicht nur schwere Literatur reproduzieren zu können an diesem Instrument, sondern nach einiger Zeit auch das Suchen nach einem eigenen Klang. Es war der Wunsch, das aufzuschreiben, dass auch andere das Erfundene wiedergeben können. Es blieb aber zunächst beim Klavier, und das reichte dann wiederum nicht aus und musste einem größeren Spektrum von Klangfarben und Formen weichen. Und so war es ein größerer Prozess des Learning by Doing."
Und obwohl es ihn nun auch kompositorisch heftig in den Fingern juckt, studiert er erst einmal Rechts-, Theater-, Musik- und Betriebswirtschaft. An der FU Berlin promoviert er über Urheberrecht. Sperrige Themen und Stoffe reizen ihn schon immer. Theoretisch und praktisch. Seine Oper "Benjamin" beispielsweise, uraufgeführt im Juni 2018 an der Hamburger Staatsoper, behandelt das Leben des Philosophen Walter Benjamin. Ein Wagnis, das geglückt ist. Sperrig und sinnlich zugleich.
Anlässlich des 75. Geburtstags von Peter Ruzicka würdigt BR-KLASSIK ihn als Dirigenten am Montag in der Sendung "Der Vormittag" ab 9:05 Uhr. Werke von dem Komponisten Peter Ruzicka gibt es in "Horizonte" am Dienstag ab 22.05 Uhr.
Und dann: Direkt die nächste Herausforderung, nach seinem Ende als Intendant bei den Salzburger Osterfestspielen: "Es sind dann insgesamt 40 Jahre Tätigkeit im kulturellen Managementbereich neben der eigenen künstlerischen Arbeit. Und ich glaube, das ist eine sehr gute, runde Zahl, die dann auch die Freiheit eröffnet, an sich selbst, an die eigene Musik zu denken." An eine Kammeroper zum Beispiel. Da klaffte noch eine Leerstelle in Ruzickas Kompositionsverzeichnis. Für die Donaueschinger Musiktage 2022 komponierte er "Eingedunkelt". Nicht ganz eine Kammeroper, aber so ähnlich: für Violine, Kammerchor und Orchester. Und unter Kent Nagano die Uraufführung eines Requiems, auch 2022.
Peter Ruzicka | Bildquelle: picture-alliance/dpa Das Komponieren bleibt Kernkompetenz für Ruzicka.Trotz seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Kulturmanager bei der Staatsoper Hamburg, den Salzburger Festspielen und der Münchener Biennale ist über die Jahre ein Werkkatalog entstanden, der mit anderen Vollzeit-Komponisten locker mithalten kann. Kleine, feine kammermusikalische Stücke, sieben Streichquartette, zahlreiche Orchesterkompositionen und drei Opern. Peter Ruzicka versteht es, Orchesterfarben so zu mischen, Klänge so rauschen und klirren zu lassen, dass die Musik nicht nur in die Ohren dringt, sondern gleich den ganzen Körper erfasst. Gelernt hat er das unter anderem bei Hans Werner Henze.
Die Musik hat ungeheuer viele Möglichkeiten, Zwischentöne zu setzen.
Von Henze übernimmt Peter Ruzicka auch die Münchener Biennale. 1996 ist das. 18 Jahre lang leitet Ruzicka das bekannte Festival für Neues Musiktheater; es lebt von Ruzickas Lust am Experimentellen. Und von seiner Lust, Menschen für Neue Musik zu begeistern. Legendär auch die Konzertreihe "Klangspuren". Als Moderator der Konzertreihe lädt er junge Komponistinnen und Komponisten aus aller Welt ein. Und jedem Gast stellt er am Ende die gleiche Frage: Warum komponieren Sie? "Die Musik hat ungeheuer viele Möglichkeiten Zwischentöne zu setzen, Emotionen zu transportieren... Dieses Unaussprechliche, das ist wohl der Beweggrund selbst zu komponieren." So beantwortet Ruzicka selbst diese Frage.
Ob nun als Komponist, Musikmanager, Dirigent oder als Professor für Bühnentarif- und Leistungsschutzrecht: Peter Ruzickas Schaffen steht ganz im Dienste der Musik. Seine Talente betrachtet er als Aufgaben. Zum Glück für uns, zum Glück für die Musik unserer Zeit.
Sendung: "Allegro" am 3. Juli 2023 ab 6:05 auf BR-KLASSIK.