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Tanzwerkstatt Europa Ceren Oran bewegt das Trauma

Die Tanzwerkstatt Europa verwandelt München jährlich in einen Hotspot der internationalen Tanzszene. Auf dem Spielplan steht heuer auch eine heimische Produktion: "Shard" von Ceren Oran. Darin erforscht sie unseren Umgang mit traumatischen Erlebnissen.

Tänzerin Jovana Zelenović im Stück "Shard" von Ceren Oran | Bildquelle: Sebastian Lehner

Bildquelle: Sebastian Lehner

BR-KLASSIK: Das Stück, das bei der Tanzwerkstatt Europa auf die Bühne kommt, heißt "Shard", was auf Deutsch "Scherbe" bedeutet. Es wird keine Handlung geben, die von A nach B führt, sondern es ist eher eine Art innerer Monolog. Ceren Oran, worum geht's in dem Stück?

Ceren Oran: Das Stück "Shard" erforscht die Erfahrung eines Menschen nach einem traumatischen Erlebnis. Wir haben die posttraumatischen Prozesse eines Individuums angeschaut und recherchiert, wie diese Person Einsamkeit und Isolation in Bezug auf die Gesellschaft erlebt.

Das Tanzstück "Shard"

BR-KLASSIK: Und wie sehen da die Nachforschungen aus? Liest man in Büchern, spricht man mit Menschen? Aus welchem Pool schöpfen Sie da?

Ceren Oran: Der Auslöser für diese Performance war eine persönliche Erfahrung. Zwei Jahre ist das nun her und es beeinflusst mein Leben noch immer. Im Rahmen meines Heilungsprozesses bin ich mit Menschen zusammengekommen, die auch traumatische Erfahrungen gemacht haben und bin mit ihnen in den Austausch gegangen.

Nach einem Trauma: Erstarren oder fliehen?

BR-KLASSIK: Wenn man sich versucht etwas vorzustellen, was einer traumatischen Erfahrung nahekommt, habe ich nicht das Gefühl, dass ich mich bewegen will. Eher erstarren... oder wegrennen...

Tänzerin Ceren Oran | Bildquelle: Dance Festival Choreografin Ceren Oran | Bildquelle: Dance Festival Ceren Oran: Ja, ganz genau. In dem Buch "Trauma-Heilung: Das Erwachen des Tigers“ von Peter A. Levine haben wir gelesen, dass entweder die Angst einsetzt oder ein Fluchtreflex. Wir befinden uns in einem Überlebensmodus: Entweder wir erstarren oder wir rennen weg. Wir thematisieren diese verschiedenen Stadien auch während der Performance der Tänzerin Jovana Zelenović. Diese sind zum Beispiel: Wie kommen wir wieder raus aus einer Depression, wie entfliehen wir den Symptomen des posttraumatischen Prozesses, der Wut, den Schlafproblemen oder der Isolation. Es war wirklich schwer, das zu proben, da das Thema so aufgeladen und emotional ist. Gleichzeitig habe ich versucht es durch das Körperliche auszugleichen. Es gab sehr viele Momente während der Proben, in denen unsere Tänzerin Jovana Zelenović einfach wegrennen wollte.

BR-KLASSIK: Der ganze Körper ist ja eingebunden, vom Kopf bis in die Zehenspitzen. Wie sind denn die Gefühle verteilt im Körper?

Ceren Oran: Ich arbeite gerne mit den Händen und Füßen. Weil Jovana so erfahren ist, konnten wir diese Verkörperung des Themas aber sehr gut darstellen und umsetzen. Wir haben mit den Fingern angefangen, den Füßen bis hin zum ganzen Körper. Sie ist wirklich eine wundervolle und sehr starke Tänzerin. 

Sendung: "Leporello" am 2. August 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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