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Janáček "Káťa Kabanová" in München "Die eigentliche Hauptfigur ist die Wolga"

Mit 63 verliebte sich Leoš Janáček in die 27-jährige Kamila Stösslová. Über 700 liebevolle Briefe schrieb er an die Traumfrau und Muse, ein Paar wurden sie nie. Aber die ungestillte Sehnsucht inspirierte Janáček zu einer hochpsychologischen Oper: Káťa Kabanová– uraufgeführt 1921 in Brünn. Am 17. März hat das Werk in der Regie von Krzysztof Warlikowski an der Bayerischen Staatsoper Premiere, mit Marc Albrecht am Pult. Lotst durch die Wolga: Der BR-KLASSIK-Vorbericht

Szene aus "Káťa Kabanová" | Bildquelle: G. Schied

Bildquelle: G. Schied

Auf den ersten Blick erzählt die Oper eine typische Dreiecksgeschichte – Káťa Kabanová steht zwischen zwei Männern. Sie erlebt größtes Glück und innere Einsamkeit in einem schier atemlosen Auf und Ab.  Bis sie den Ehebruch beichtet und ihrem Leben in der Wolga ein Ende setzt. Leoš Janáček verpackt das Lieben und Leiden der Káťa in kantige Töne, lässt es manchmal richtig rocken, wie Dirigent Marc Albrecht meint: "Ich finde einfach, dass es eine Musik ist, die immer brennt, die immer ganz nah an der handelnden Person dran ist." Weil Janáček so genau vorgehe, könne das manchmal direkt wehtun, ergänzt Albrecht, nicht nur beim Hören, "auch beim Machen, es gibt auch ganz schroffe Momente aber auch unglaublich berührende Zartheiten."

Corinne Winters singt Káťa Kabanová: Bigger than Life

Káťa Kabanová wird von der Sopranistin Corinne Winters gesungen. Seit fast zehn Jahren nähert sie sich der Heldin immer ein wenig anders und immer wieder frisch: "Sie spricht viel über die Vögel, über den Himmel, über die Elemente, und wir können durch ihre Figur sehen, dass sie mit etwas Größerem als sich selbst verbunden ist."

Káťa ist mit etwas Größerem als sich selbst verbunden.
Sopranistin Corinne Winters

Leoš Janáček: Wo Wort und Musik verheiratet sind

Eine solche Verbindung findet Káťa in ihrem Geliebten Boris, der sich, genauso wie sie, als Freigeist durch die Welt träumt. Sie findet diese Zuwendung hingegen nicht bei Tichon, ihrem engstirnigen Mann, der in der Münchner Neuproduktion vom britischen Tenor John Daszak gesungen wird: "Ich liebe Janáček. Für mich ist er einer der größten Opernkomponisten. Er schafft es, Musik und Worte auf eine dramatische Weise zu verbinden, als ob sie verheiratet wären."

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Leoš Janáček hat nicht nur mit seiner "Káťa Kabanová" Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen. BR-KLASSIK stellt seine Top 5 vor.

Die Crux mit der tschechischen Sprache: Legato auf "rschhh"

Szene aus "Káťa Kabanová" | Bildquelle: G. Schied Corinne Winters als Káťa Kabanová in der Münchner Neuproduktion von 2025 | Bildquelle: G. Schied Apropos Worte: Die sind neben der wechselvollen Musik die größte Herausforderung der Oper. Denn Tschechisch ist das reinste Hexeneinmaleins: Manchmal folgen in einem Wort vier Konsonanten hintereinander, wie soll das zum Klingen gebracht werden? Ein ganz übler Konsonanten-Kandidat ist der Zungenbrecherlaut rschhh. Bei dem schwitzt selbst die mittlerweile im Tschechischen versierte Corinne Winters: "Diesen Text authentisch auszusprechen, aber auch die Stimme legato schweben zu lassen, Linie und Schönheit zu zeigen, das ist immer eine Herausforderung. Glücklicherweise kenne ich Janáček schon eine Weile, und dieser Stil ist inzwischen irgendwie in Fleisch und Blut übergegangen."

Violeta Urmana schätzt Arbeit mit Regisseur Krzysztof Warlikowski

Die Mezzosopranistin Violeta Urmana kommt mit der Aussprache gut klar. Als gebürtige Litauerin beherrscht sie Russisch, Polnisch kann sie auch noch, da ist es zum Tschechischen nur ein Katzensprung. Sie hat dafür mit der Rolle der reichen Kaufmannswitwe, der Kabanicha zu kämpfen. Als boshafte Schwiegermutter von Káťa hält sie vor allem ihren Sohn an der Kandare und tyrannisiert alle, die ihr ihn den Weg kommen. So ein Wesen ist Violeta Urmana völlig fremd: "Ich bin nicht hysterisch, ich bin da auch nicht so aufgebracht. Die ist wirklich ganz anders als ich selber. Da hilft die Arbeit mit Krzystof schon sehr, diesen Charakter zu entwickeln. Langsam komme ich rein." Am Ende drückt die Kabanicha nicht einmal eine Krokodilsträne heraus, als die tote Káťa Kabanová aus der Wolga geborgen wird.

Fluss Wolga eigentliche Hauptfigur?

Mit dem Fluß beginnt die Oper und in ihr endet das Stück auch. Für den Dirigenten Marc Albrecht ein klares Signal: "Die eigentliche Hauptfigur ist die Wolga, der Fluss, und die Wolga wird auch in jeder Szene irgendwie angesprochen. Das fängt glech am Anfang an, eine Eloge auf die Wolga, wie schön und wie mächtig und wie wunderbar sie ist." Wie Regisseur Krzysztof Warlikowski den russischen Strom Wolga auf die Bühne bringt, das wird die Premiere am 17. März 2025 zeigen. Auf jeden Fall ist die Umsetzung der Oper für den Bariton Milan Siljanow in der Rolle des Kaufmanns Dikoj ein richtiges Abenteuer: "Mit Warlikowski ist es so, dass er manchmal eine Szene laufen lässt und er dann auch sehr viel von einem Sänger erwartet, dass man selber was reinbringt in die Szene." Für Siljanow spannend und beglückend: "Das ist das Schöne und so macht Oper Spaß."

Sendung: "Piazza" am 15.03.2025 ab 09:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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