Hier vollendete Wagner die Götterdämmerung: Im ehemaligen Hotel Fantaisie in Donndorf bei Bayreuth. Das kleine private Museum ist ein ganz besonderer Ort. Sopranistin Camilla Nylund - dieses Jahr die Isolde - war dort zu Besuch.
Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer
Einmal Zwetschgenkuchen an Wagners Bett essen - für die einen verrückt, ein echter Wagner-Fan will genau das erleben. Und das geht. Und zwar in Donndorf bei Bayreuth. Dort hat Richard Wagner mit seiner Familie 1872 fünf Monate lang gelebt, bevor Haus Wahnfried fertig wurde. Und zwar im damaligen Hotel Fantaisie neben dem gleichnamigen Schloss in einer ganzen Etage, die später den Namen "Wagnerzimmer" bekam.
Als vor ein paar Jahren das frühere Hotel zum Apartmenthaus umgebaut wurde und Wagners Spuren zu verschwinden drohten, fasste sich der Münchner Wagnerianer Adrian Indlekofer ein Herz: Er kaufte die Wohnung mit den alten Wohnräumen Wagners. Und richtete zwei der Zimmer ohne öffentliche Subvention auf eigene Faust als Museum ein. Wer die Wagnerzimmer sehen will, kann sich bei ihm persönlich melden. Die diesjährige Isolde der Bayreuther Festspiele, Camilla Nylund hat das unlängst getan.
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Camilla Nylund mit Hündchen | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer An einem sonnigen Tag im August öffnet Hausherr Adrian Indlekofer die Tür des ehemaligen Hotels Fantaisie, das mit herrlicher Aussicht auf Donndorf auf einer Anhöhe tront und nicht nur mit seiner Gedenktafel reichlich Geschichte verströmt. Gast heute: Opernstar Camilla Nylund. Sie kommt nicht alleine, sondern hat eine kleine Entourage mitgebracht: einen Journalisten aus Amerika, eine Mitarbeiterin, zwei Hündchen. Alle lassen sich erwartungsvoll von Indlekofer durch das historische Treppenhaus begleiten.
Im zweiten Stock, den Wagner mit Familie und Haushälterin komplett bewohnte, zeugen Infotexte und Bilder von den früheren Bewohnern. Das Wagner-Museum hat dabei unterstützt. Und die Fußmatte lässt keine Zweifel: "Hier wohnt ein Wagnerianer", steht da. Tatsächlich nutzt Indlekofer die Wohnung privat, vor allem während der Festspielzeit. Zwei Räume aber sind Museum - und die öffnet er jetzt für die Gäste.
Wagners Hotelbett, in dem er fünf Monate lang schlief. | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer Dann stehen wir mitten in Wagners Schlafzimmer. Nylunds Hündchen beschnuppert sofort skeptisch eine Skulptur von Wagners Hund Russ vor der Balkontür, während Nylund begeistert die Augen aufreißt: "Hier haben die dann geschlafen? Sind das die Originalbetten?" Es sind tatsächlich die Originale. Das Mobiliar wurde im Hotelbetrieb weiter benutzt: der Schrank, die Kommode, die Nachtkästen und die Betten. Adrian Indlekofer erzählt weiter, wie die Oberfrankenstiftung nach Schließung des Hotels die Räume erst für Monate mietete, jetzt habe er einen unbefristeten Vertrag.
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Und er hat einiges über die Besucher der "Wagnerzimmer" zu berichten. Denn nicht alle Wagner-Fans können mit soviel Authentizität souverän umgehen: Zwei junge Frauen seien in Ohnmacht gefallen, zwei Männer fingen vor Rührung an, bitterlich zu weinen. Und damit nicht genug: "Wir hatten auch mal den Fall, dass eine jüngere Frau direkt ins Wagnerzimmerbett gesprungen ist, was natürlich streng verboten ist. Aber sie hat gesagt, sie wollte einmal im Leben im Bett von Richard Wagner sein. Und was wollen Sie dann sagen?"
Camilla Nylund bleibt cool, sie will auf den Balkon, von wo aus man den Park bewundern kann. "Ja, der kommt auch in Cosimas Tagebüchern regelmäßig vor", erzählt sie - und weiter: "Oft war sie unten mit den Kindern und Wagner hier oben, oder umgekehrt. Und Cosima schreibt auch 'zauberhaft wie in Tribschen ', ein unglaubliches Kompliment."
Diese Zeit, in der parallel in Bayreuth gebaut wurde, ist nebenan in Wagners altem Arbeitszimmer dokumentiert. Neben dem Programm der Grundsteinlegung des Festspielhauses an der Wand, erinnert ein Klavier aus Wagners Zeit an die Vollendung der "Götterdämmerung". Denn genau hier schrieb er sein Liebeserlösungsmotiv.
Camilla Nylund ist begeistert von der Aura des Ortes. | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer Gleich neben dem Bett hat die gute Seele des Hauses, Frau Bauer aus Donndorf, selbst große Wagnerianerin und langjährige Reinigungskraft bei den Festspielen, liebevoll ein Wohnzimmertischchen mit Meissener Porzellan gedeckt. Camilla Nylund ist glücklich: "Zwetschgendatschi vor Wagners Bett! Es ist fantastisch, vielleicht hat er das auch gern gegessen in seinem Schlafzimmer oder hier auf dem Balkon." Und sie ist sicher nicht die einzige Besucherin der "Wagnerzimmer", die heilfroh ist, dass dieser "Kulturschatz", dieser Überrest Wagnerwelt erhalten geblieben ist.
Sendung: "Allegro" am 9. August 2024 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Sonntag, 11.August, 19:17 Uhr
Christina Helmes
Nervig!
Langsam nervt es wirklich - Bayreuth, Bayreuth, Bayreuth ... Gibt es nicht noch etwas anderes in der Klassikwelt? Ich finde die monchrome Berichterstattung wirklich öde und nervig! Zum Glück hat das Radio einen Knopf zum Ausschalten!
Samstag, 10.August, 03:39 Uhr
Horst
Es ist bezeichnend...
...für die Kulturlosigkeit unseres Staates, dass nur nur der Privatinitiative eines Privatmannes (Hut ab, Herr Indlekofer!) zu verdanken ist, dass diese Erinnerungsstätte nicht vernichtet wurde.