Ein Blick in die Augen, Stille – und dann ein Konzert: Mit nur einem Zuhörer oder einer Zuhörerin und einem Interpreten. Ein intimeres Konzerterlebnis gibt es wohl kaum als bei dem Eins-zu-Eins-Format. Es war vor allem während der Corona-Pandemie erfolgreich und kam im Rahmen des Kammermusikfestivals nun nach Nürnberg. Unsere Autorin hat es miterlebt.
Bildquelle: picture alliance / imageBROKER | Norbert Probst
In der Nürnberger Altstadt geht es an der Stadtmauer die Treppen des Tiergärtnerturms hoch. Alte Mauern mit Fachwerk. Ein gut zwanzig Quadratmeter großer Raum, mit Butzenscheiben-Fenstern und Holzböden. Auf einem Stuhl sitzt Schlagzeuger Johannes Fischer, schaut geradeaus – und ist still. Ich setze mich ihm gegenüber auf einen Stuhl – Das ist das Konzept: Ein Raum, ein Künstler, ein Zuhörer oder eine Zuhörerin und für zwei Minuten erst einmal ein Blick.
Fremden Menschen in die Augen zu gucken sei schon etwas sehr persönliches, sagt Fischer. Seine Erfahrung ist: "Einige haben damit Schwierigkeiten – andere können damit gut umgehen, das ist ganz unterschiedlich."
Doch mit wenigen Sekunden verblasst die Hektik von draußen, der Atem wird ruhiger – meine Augen fokussieren nun den Musiker. Vor Johannes Fischer liegen auf einem kleinen Tisch drei einfache orangefarbene Blumentöpfe aus Ton. Der Schlagzeuger nimmt zwei Sticks in die Hand und beginnt zu spielen.
Fischer macht Minimal Music. Er spielt rhythmische Muster, mit meditativer Wirkung, sogenannte Patterns. Der Rhythmus geht drei gegen vier. Das heißt, eine Hand hat eine Geschwindigkeit von drei, die andere von vier pro Takt. "Das ist ein bisschen wie ein Kirchengeläut, man bringt sich in einen Zustand und befindet sich einfach in einer anderen Welt", meint der Schlagzeuger.
Neuer Kontext für klassische Musik: Das macht eine Konzertdesignerin
Pianist Nicholas Rimmer ist Kurator der Eins-zu-Eins-Konzerte in Nürnberg | Bildquelle: © Irène Zandel
Nicholas Rimmer hat die Eins-zu-Eins-Konzerte als Kurator des Kammermusikfestivals in Nürnberg ins Programm genommen. Inspiriert ist dieses Format von Marina Abramovics Performance "The Artist is present", bei der die Künstlerin stundenlang auf seinem Stuhl saß und fremden Menschen in die Augen schaute. In Nürnberg kommt nun Musik dazu.
Zuhörende mussten sich für die Eins-zu-Eins-Konzerte nur anmelden, sonst nichts. Was gespielt wird, wissen sie vorher nicht, führt Rimmer aus. "Es muss in dem Moment etwas geschehen. Diese Spontanität steckt in diesem Wesen unseres Musik-Machens und warum wir Musik machen wollen. Und hier ist es auf eine pure Art eingefangen", ist er überzeugt.
Es gehe auch darum, eine direkte Verbindung zwischen Musikerinnen und Musikern und Zuhörenden zu schaffen, anders als in großen Konzertsälen, wo das Publikum im Dunkeln verschwindet. Für Kurator Rimmer sind Momente der echten Verbindung selten geworden. Oft seien Menschen über Bildschirme verbunden, dabei aber eigentlich getrennt. Das Medium mal weg zu tun, sei ein Gewinn.
Eine Besucherin ist Marga Lockert. Sie hat sich für ein Eins-zu-Eins-Konzert bei Schlagzeuger Johannes Fischer angemeldet. 15 Minuten dauerte es. Sie habe die Augen geschlossen und sich treiben lassen, erzählt sie danach. "Es ist mir nahe gegangen. Die Musik war nur für mich, und die Musik war leicht und sanft. Ich habe festgestellt, dass ich dabei ganz glücklich geworden bin."
Es ist mir nahe gegangen. Die Musik war nur für mich.
Was es dafür braucht? Nicht viel. Vor allem Neugier und Offenheit, dieses persönliche Konzert auch anzunehmen. Nach 15 Minuten ist es vorbei. Mich hat es in kurzer Zeit an einem hektischen Tag zur Ruhe gebracht. Eine Dosis Musik, die alle von uns brauchen könnten.
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