Bayreuther Festspiele
24. Juli - 27. August 2024
Der Vorabend der "Ring"-Tetralogie, "Das Rheingold", uraufgeführt 1869 am Münchner Nationaltheater auf Geheiß Königs Ludwigs II. gegen den Willen des Dichterkomponisten, ist ein buchstäblich märchenhaftes Konversationsstück. Als eines der frühesten Musikdramen ohnehin wegen des Ineinanders von Gesangsstimmen und Orchester ein Faszinosum! In diesem Opern-Steckbrief gibt es die wesentlichen Fakten und Kuriositäten zu "Das Rheingold".
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Der "Ring"-Plot in einem Satz: Geldgierige Zwerge (Nibelungen) und muskelbepackte Riesen messen sich mit rechtsbrüchigen Göttern und ihren heldischen Nachfahren, die als Walküren oder Wälsungen vor allem mit großen Gefühlen kämpfen und am Ende die Welt in den Untergang reißen.
Von den 34 Personen, die im "Ring" auftreten, tummeln sich die meisten im "Rheingold": einer erstaunlich kurzen, wenngleich pausenlosen Wagner-Oper, etwas abschätzig untertitelt als "Vorabend" zum großspurig daherkommenden "Bühnenfestspiel für Drei Tage".
Das Orchester fungiert als Kommentator des Bühnengeschehens, auch als Wegweiser durch die Handlung. Manchmal verraten die sogenannten Leitmotive Unausgesprochenes. Trotzdem lassen sich nicht alle von ihnen eindeutig auf bestimmte Ereignisse, Personen oder Requisiten beziehen. Wagner liebte das Mehrdeutige.
Fluch- und Schwertmotiv, zwei für den gesamten "Ring" zentrale Leitmotive, werden schon im "Rheingold" vorgestellt. Dafür sind verschiedene Blechblasinstrumente charakteristisch. Für Walhallthema und ab der "Walküre" auch das Schicksalsmotiv sind die berühmten, eigens angefertigten Wagner-Tuben von hohem Wiedererkennungswert.
Paradoxerweise ist der "Vorabend", die als erstes komponierte Oper des "Ring", in formaler Hinsicht die modernste Partitur: Die Akteure bieten konsequent eine Art Sprechgesang statt Rezitativ und Arie (wie lange Tradition). Auch Duette lassen sich so gut wie gar nicht ausfindig machen.
Historische Bilder zur ersten Aufführung in Bayreuth 1876
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Erste Bayreuther Festspiele, 13.-17. August 1876: Die Rheintöchter v.li. Minna Lammert (Floßhilde), Lilli Lehmann (Woglinde) und Marie Lehmann (Wellgunde) | Bildquelle: picture alliance / akg
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Szenen von der Eroeffnung der Bayreuther Festspiele am 13. August 1876 | Bildquelle: picture-alliance / akg-images
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Szenische Bühnenbildentwürfe von Josef Hoffmann für die Erstaufführung des gesamten Zyklus Ring des Nibelungen, Bayreuth, 1876: 1. Bild / Rheingrund ... | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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... 2. Verwandlung / Nibelheim ... | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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... 3. Verwandlung / Walhall ... | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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Rheintöchter - Farblithographie nach Karl Emil Doepler für die Aufführung 1876, in Bayreuth | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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Fricka und Freia, Bayreuth 1876 | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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Alberich, Bayreuth 1876 | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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Fasolt, Bayreuth 1876 | Bildquelle: picture-alliance/dpa
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Wotan, Bayreuth 1876 | Bildquelle: picture-alliance/dpa
Das rund vierminütige Orchestervorspiel zum "Rheingold" kann als "Urwelle" empfunden werden - einer der effektvollsten Geniestreiche Wagners! Als Abbild eines kosmologischen Schöpfungsmythos wird, wie aus dem Nichts, auf dem Fundament einer ausgehaltenen Bass-Note, die Obertonreihe eines Es-Dur-Akkords aufgefächert, durch alle Register des riesigen Orchesters.
Den von Stabreimen gekennzeichneten Gesangstext des "Ring"-Zyklus haben viele als Zumutung eingestuft: Von einem "Muster der plumpsten Pseudopoesie, die geradezu das Lächerliche streift" sprach etwa der russische Dichter Leo Tolstoi (1898).
Der Arbeitsprozess an der "Ring"-Dichtung verlief rückwärts: Wagner rollte die Geschichte von hinten auf! Von "Siegfrieds Tod" aus, der späteren "Götterdämmerung", interessierte er sich mehr und mehr für die jeweilige Vorgeschichte und kam so über "Siegfried" und "Walküre" als letztes zum "Rheingold". Komponiert wurde dann in der richtigen Reihenfolge.
Der wichtigste Mann im Leben Wagners war sein königlicher Fan Ludwig II. von Bayern: Nichts jedoch hat der Begünstigte seinem Förderer so übel genommen wie die von ihm gegen seinen Willen angeordneten Münchner Uraufführungen des "Rheingold" (1869) und der "Walküre" (1870), lange bevor der komplette "Ring"-Zyklus die dafür gegründeten Bayreuther Festspiele einweihen konnte.
Nach der ersten Bayreuther Aufführung des "Rheingold" 1876, bei der mehrere Verwandlungen missglückt sein müssen, wurde Wagner eine halbe Stunde lang vom Publikum hervorgerufen – erschien aber nicht vor dem Vorhang, war außer sich, schimpfte auf alle Darsteller und war nicht zu beruhigen.
Sendung: "con passione" am 1. Juni ab 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK