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Kostprobe | 25.08.2024 Für Friedrich nur das Beste

Musik voller Eleganz und Charisma: Eine faszinierende Aufnahme präsentiert Welt-Ersteinspielungen von Cembalokonzerten, die für den Musenhof Friedrichs des Großen entstanden – und rückt zugleich heute fast vergessene Komponisten ins Kerzenlicht.

Bildquelle: Audax Records

Angeblich war er in seiner Jugend so arm, dass er sich kein Klavier kaufen konnte und – so heißt es in einer Quelle – "auf dem Tische", also ohne Instrument komponieren musste. Ein Vierteljahrhundert später sah die Sache dann völlig anderes aus: Ernst Wilhelm Wolf gönnte sich den Luxus, ein Angebot des preußischen Königs Friedrichs des Großen auszuschlagen. Der wollte den aus Thüringen stammenden Komponisten unbedingt seiner Hofkapelle einverleiben – und holte sich eine Abfuhr.

Genaugenommen hat also ein Werk aus der Feder des aufmüpfigen Ernst Wilhelm Wolf nichts auf einer Aufnahme mit vier Cembalokonzerten für den Musenhof Friedrichs II. zu suchen, die der französische Cembalist Philippe Grisvard vorstellt. Trotzdem ist es gerade Wolfs Bravourstück voller Spritzigkeit und graziösem Charme, das für Staunen sorgt und diese Neuveröffentlichung mit vier Weltersteinspielungen zu etwas ganz Besonderem macht.

Dem Solisten wird da nichts geschenkt. Mit flinken Fingern, mühelos und dabei bis ins letzte Detail musikalisch ausgefeilt nimmt Philippe Grisvard jede Hürde. Das fünfköpfige Ensemble Diderot unter der Leitung von Johannes Pramsohler begleitet federleicht und überrascht dank hervorragender Aufnahmetechnik mit orchestralem Volumen.

Ein kurzes, aber aufregendes Leben

Auch ein dramatisch auftrumpfendes, unruhig vorwärtsdrängendes Cembalokonzert des 1717 geborenen Christoph Nichelmann ist eine wirklich lohnende Entdeckung. Nur 45 Jahre alt wurde er, führte aber ein ziemlich wildes Leben voller Höhen und Tiefen: Als Kind sang er unter der Leitung Johann Sebastian Bachs im Thomanerchor, brach dann heimlich die Schule ab, um nach Hamburg auszubüxen und dort Theaterluft zu schnuppern. Später spülte ihn das Schicksal für einige Jahre als Cembalist an den preußischen Hof, wo er sich aber mit seinem berühmten Kollegen Carl Philipp Emanuel Bach überwarf. Philippe Grisvard lässt auch Christoph Nichelmanns fantasievolles Paradestück zwischen Spätbarock und Empfindsamkeit elegant aufrauschen.

Als "Pflegling der Musen" bezeichnete sich Friedrich der II. Nur das Beste war ihm gut genug, wenn’s um Kunst und Künstler ging. Philippe Grisvard am Cembalo – für den guten Ton in seinen Schlössern hätte Friedrich ihn sicherlich unbedingt haben wollen. Ob auch er dann – wie sein Berufskollege Ernst Wilhelm Wolf – dankend abgelehnt hätte? Das müssten wir ihn selbst fragen.

Berlin Harpsichord Concertos

Philippe Grisvard, Cembalo
Ensemble Diderot
Johannes Pramsohler, Leitung
Label: Audax Records

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 25. August 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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