Mal zerbrechlich, mal virtuos: das Duo Temmingh – Koell präsentiert ein Repertoire abseits der kitschigen Klischees vom sphärischen Harfen- und Flötenton.
Bildquelle: Accent
Der Anfang der Booklet-Textes liest sich ein bisschen wie eine in vorauseilendem Gehorsam verfasste Entschuldigung für die Zusammenstellung des Programms. Von einem Plädoyer für Diversität, Toleranz und Offenheit ist die Rede. Die Repertoirewahl sei zwar wild, aber der Schein der spontanen Zusammenstellung sei eben nur ein Schein. Stimmt schon, von Scarlatti bis Piazolla ist alles dabei. Auch ein bisschen 21. Jahrhundert, eine Ersteinspielung sogar von Klaus Lang, Jahrgang 1971. Dann wieder Bach und Jacob von Eyck darf auf einer Blockflöten-Kompilation natürlich auch nicht fehlen. Stimmt auch: dieses bunte Konzept geht auf. Zum Beispiel der Übergang von einem Werk des 2006 gestorbenen Komponisten Thomas Koppel zum 400 Jahre älteren Kollegen Jacob van Eyck ist kein Bruch.
Sound Stories ist der Titel des Albums und tatsächlich sind es spannende Klanggeschichten die Margret Koell und Stefan Temmingh uns erzählen, abseits der Klischees vom sphärischen Harfen- bzw. Flötenton: Die filigran gezupften Harfentöne wirken zwar oft zerbrechlich, an andere Stelle aber auch zupackend. Und die Flöte klingt mal satt im tiefen Register, mal irisierend in der Höhe. "Sinnlich" beschreibt das Klangerlebnis wohl am besten.Auch ist die Aufnahme sehr plastisch. Fast meint man, die Bewegungen der Flöte mit dem Ohr zu "sehen", zumindest beim Hören mit Kopfhörer. Gelegentlich hätte man sich vielleicht ein bisschen weniger Hall gewünscht, aber das sind Spitzfindigkeiten. Die virtuosen Konturen kommen trotzdem gut zur Geltung. Auf die Giga aus Bachs d-Moll-Partita folgen auf der Aufnahme statt der berühmten Chaconne zwei Stücke von Scarlatti, die das Rampenlicht aber auch gut vertragen. Dann Piazzola, und schließlich noch so ein Hinhörer: Christoph Willibald Glucks Ohrwurm aus Orfeo ed Euridice, hier in ungewohnter Aufmachung. Auch das passt bestens in das diverse, Grenzen auslotende Konzept des Albums.
Instrumentalmusik von Thomas Koppel, Jacob van Eyck, Georg Böhm, Klaus Lang, Johann Sebastian Bach, Domenico Scarlatti, Astor Piazzolla, Christoph Willibald Gluck, Carl Scheindienst
Duo Temmingh / Kroell
Label: Accent
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 29. September 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK