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Charles Ives' Symphonie Nr. 4 Collagen mit philosophischem Programm

New York, 26. April 1965. Die vierte Symphonie von Charles Ives wird uraufgeführt. "Ich wünschte, Ives wäre heute Abend bei uns! Denn es gibt viele Fragen, die ich ihm stellen würde", sagt der Dirigent Leopold Stokowski. Doch Charles Ives ist schon lange tot, und ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit er die Symphonie komponiert hat, die heute Abend in der Carnegie Hall erstmals vollständig erklingen soll. Was Ives um 1915 erdacht hat, war seiner Zeit weit voraus.

Bildquelle: picture alliance / AP Images

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"Das ist die schwierigste Partitur, die ich je dirigiert habe. Manche Orchestermusiker sagen, schon ein Dirigent ist ihnen zu viel – aber Ives will drei", seufzt Stokowski. Tatsächlich: Neben ihm steht José Serebrier und schlägt einen ganz anderen Takt. Und hinten im Orchester sitzt David Katz und dirigiert die Schlagzeuger, auch in ihrem eigenen Zeitmaß. Immer wieder schichtet Ives in seiner Symphonie Tempi und Melodien übereinander, Märsche und Ragtimes, Kirchenlieder und Schmachtfetzen – als würden auf einer Kirmes unterschiedliche Kapellen gleichzeitig spielen. In den 1920ern hatte sich der Dirigent Eugène Goossens schon mal an der Symphonie versucht – und war verzweifelt: "Ich schlug stellenweise die Zwei mit dem Taktstock, die Drei mit der Linken, die Fünf mit dem Kopf und noch etwas mit dem Po."

Philosophisches Programm

Der alte Stokowski dagegen steuert das American Symphony Orchestra samt Chor mit ruhiger Hand durch die Klippen der Partitur. Und erweckt damit eines der größten und zugleich rätselhaftesten Werke der Musikgeschichte zum Leben. Denn die wüsten Collagen sind nicht Selbstzweck, sondern entfalten laut Ives ein philosophisches Programm.

Es geht um die suchenden Fragen nach dem Was und dem Warum, die der menschliche Geist dem Leben stellt.
Charles Ives

Leopold Stokowski dirigiert die historische Erstaufnahme – mit vorheriger Einführung

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Ives Symphony No. 4 - Stokowski - Introduction & Performance | Bildquelle: adam28xx (via YouTube)

Ives Symphony No. 4 - Stokowski - Introduction & Performance

Transzendentes Leuchten

Sehnsüchte und Zweifel, Ausschweifung und Mystik prallen in dieser halben Stunde aufeinander. Und münden in ein transzendent leuchtendes Finale, das am Ende leise verlöscht – ein Klang gewordenes Fragezeichen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 26. April 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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