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Frieda Belinfante wird geboren Dirigentin, Cellistin, Pionierin

Amsterdam, 10. Mai 1904. Frieda Belifante wird geboren. Sie spielte Cello. Sie gründete ein eigenes Orchester. Sie heiratete einen Mann, liebte aber Frauen. Und sie kämpfte gegen die Nazis, die ihr Geburtsland Holland besetzt hielten. Nein, normal und durchschnittlich war so gut wie nichts an dieser mutigen Frau.

Bildquelle: Wikimedia Commons

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(Bild: Frieda Belinfante und Henriëtte Bosmans in den 1920er Jahren)


Frieda Belifante ist das dritte von vier Kindern. Ihr Vater ist Pianist, die Mutter Hausfrau, sie wird Cellistin. Es sieht für Frieda alles nach einer erfolgreichen Karriere als Künstlerin aus. Gut, sie sprengt ein wenig die Normen jener Zeit, weil sie als Dirigentin ein eigenes Orchester gründet, weil sie mit der Komponistin Henriëtte Bosmans liiert ist, die ihr ein Cellokonzert widmet. Weil sie trotzdem heiratet. Das allerdings tut sie nicht, weil sich das so gehört, sondern nur für den Mann, der sich in sie verliebt hat. Ein Jahr vor ihrem Tod im Jahr 1994 erzählt Frieda Belinfante in einem langen Interview, wie ihr zukünftiger Mann ihr mit der Pistole an der Schläfe sozusagen einen Antrag gemacht hat: "'Wenn du mich nicht heiratest, dann erschieße ich mich'. Da habe ich gesagt: Ich kann einen Mann nie so lieben wie eine Frau. Ich weiß nicht warum, es ist einfach meine Natur. Aber du sollst leben, habe ich zu ihm gesagt, also haben wir geheiratet. Und es war eine gute Beziehung. Vor allem musikalisch."

Widerstandskämpferin und Spezialistin für gefälschte Dokumente

Die Ehe geht nach ein paar Jahren in die Brüche. Dann besetzten die Nazis ihr Land. Die nationalsozialistischen Rassengesetze machen eine sogenannte "Halbjüdin" aus Frieda Belinfante. Sie könnte zwar als Musikerin eine Ausnahmeregelung beantragen, aber sie ist Widerstandskämpferin und wird zur Spezialistin für gefälschte Dokumente.

Die Generalprobe als Mann

Frieda Belinfante beteiligt sich an der Organisation eines Anschlags auf das Einwohnermeldeamt Amsterdam, in dem die Nummern sämtlicher Original-Dokumente hinterlegt werden. Der Plan fliegt auf, die Männer aus der Gruppe werden verhaftet und hingerichtet. Frieda taucht drei Monate unter. Als Mann. Mit Hut, Anzug und ausgestopftem Bauch. Ihre Generalprobe als Mann macht Frieda Belinfante beim Herrenfrisör. "Den Hut hänge ich ganz lässig an die Garderobe. Da kommt schon jemand auf mich zu und fragt: Rasieren und Schneiden? Ich hab gesagt: Nur Schneiden bitte. Und bekomme einen richtigen Männerschnitt."

Die menschliche Rasse hat nichts, worauf sie stolz sein sollte.
Frieda Belifante

Frieda Belinfante trennte stets Beruf und Privatleben

Nach dem Krieg emigriert sie in die USA, sie arbeitet als Dirigentin, als Cellistin, als Pädagogin. Gründet ein Orchester, dirigiert beim Los Angeles Philharmonic Orchestra. So leistet sie Pionierdienste: Dirigentinnen sind zwar heute mittlerweile keine Seltenheit mehr, doch wirklich in der Normalität angekommen sind Frauen am Dirigentenpult immer noch nicht. Dass Frieda Belinfante lesbisch ist, ist zwar offiziell kein Problem, aber es gibt Getratsche hinter ihrem Rücken. Frieda Belinfante trennt Zeit ihres Lebens ihre künstlerische Tätigkeit von ihrem Privatleben: "Ich war nie in irgendwelchen Gruppen engagiert. Ich habe nie über mein Privatleben geredet. Ich habe nur mein Leben gelebt. Die Leute verschwenden darüber viel zu viele Gedanken, sie wissen doch gar nichts darüber. Sie beurteilen Menschen über ihr Privatleben. Das habe ich nie getan. Ich beurteile Menschen anhand ihrer Qualitäten. Und muss zugeben, ich habe mehr schlechte als gute getroffen. Ich wäre lieber ein Vogel oder ein Elefant. Die menschliche Rasse hat nichts, worauf sie stolz sein sollte."

Lebensgeschichte im Interview

Einen Hollywoodfilm über das aufregende, vielseitige Leben Frieda Belinfantes Leben gibt es noch nicht, einen Dokumentarfilm schon. Auf der Website des United States Holocaust Memorial Museum kann man die mutige und gütige Musikerin kennenlernen. Im Alter von 90 Jahren hat Elfrieda Belinfante in einem achtstündigen Interview ihre Lebensgeschichte erzählt.

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The Frieda Belinfante Collection (Curators Corner #26) | Bildquelle: United States Holocaust Memorial Museum (via YouTube)

The Frieda Belinfante Collection (Curators Corner #26)

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 10. Mai 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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