Wiesbaden-Kloppenheim, 30. Januar 1755. Johann Tobias Schmidt wird getauft. Hier beginnt ein Leben, das viele andere Leben beendet. Nein, halt, stopp, das geht in die falsche Richtung: Tobias Schmidt ist kein Mörder oder sowas. Nein, in seinem Erwachsenen-Leben ist er ein Cembalobauer in Paris. Ein guter Handwerker und natürlich ein Musikfreund.
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Johann Tobias Schmidt trifft sich gern mit Freunden zum gemeinsamen Musizieren: Mit Charles Henri Sanson zum Besipiel, einem begeisterten Cellisten und Geiger - und von Beruf der Henker von Paris. Und weil dieser Henker eigentlich ein Menschenfreund ist, sein Erb-Amt nur zum Broterwerb ausübt und dringend dafür ist, die Verurteilten „human“ ins Jenseits zu schicken, erhält Johann Tobias Schmidt im April 1792 einen Auftrag.
Johann Tobias Schmidt soll eine Maschine entwickeln, nach den Entwürfen eines gewissen Joseph-Ignace Guillotin, die schnell und sauber arbeitet. Natürlich verbindet sich im Laufe der französischen Revolution ein umfängliches Grauen mit dem Begriff „Guillotine“, aber das Fallbeil ist dennoch besser, als bei lebendigem Leibe gekocht zu werden. Da sind sich die Musikfreunde einig.
Dass die Wahl des Konstrukteurs ausgerechnet auf den gebürtigen Deutschen gefallen ist, ist dabei gar nicht so ungewöhnlich. Als Cembalobauer arbeitet er präzise. Er kennt sich mit der Verarbeitung von Holz und Metall aus. Und außerdem vergibt man unter Kultur-Liebhabern eben gerne Aufträge an Gleichgesinnte. Für Johann Tobias Schmidt ist das ein echter Glücksfall. Der Prototyp, den er voll Enthusiasmus innerhalb weniger Tage baut, wird richtig gut bezahlt. Und noch dazu sichert er sich das Patent auf seine Konstruktion. Und was soll man sagen: Er ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort, seine Maschine wird ein echter Erfolg, auch wenn es ähnliche Erfindungen bereits in anderen Ländern gibt.
Ja, Johann Tobias Schmidt liebt, was er tut. Und es hat ihn ein richtiger Erfindergeist gepackt, deshalb lässt er das Klavier- bzw. Cembalobauen dann auch sein. Künftig widmet er sich, weil es ja so prächtig läuft, laut eigener Aussage, nur noch Konstruktionen, die der "Allgemeinheit Nutzen bringen". Außerdem bleibt so noch mehr Zeit für die schönen Dinge. Zum Beispiel Opernbesuche, zusammen mit seinem Freund, dem Henker und Gluck-Fan Charles Henri Sanson.
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Sendung: "Allegro" am 30. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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