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Brahms' erste Italienreise Zwangsurlaub mit Folgen

Wien, 8. April 1878. Johannes Brahms bricht zu seiner ersten Reise nach Italien auf. Dabei hat er überhaupt keine Lust. Ein Freund nötigt ihn. Und so verlässt Brahms, mit knapp 45 Jahren, praktisch zum ersten Mal den deutschsprachigen Raum – und erliegt sofort dem Zauber der südländischen Kultur. Nur ausgerechnet mit der italienischen Musik kann Brahms nichts anfangen.

Johannes Brahms | Bildquelle: Christiane Jacobsen (Hrsg.):  "Johannes Brahms: Leben und Werk", Hamburg 1983

Bildquelle: Christiane Jacobsen (Hrsg.): "Johannes Brahms: Leben und Werk", Hamburg 1983

Das Kalenderblatt zum Anhören

Endlich hat er ihn so weit: Brahms, den alten Sturkopf. Theodor Billroth lehnt sich entspannt in der Kutsche zurück. Es hat ihn viel Überredungskunst gekostet, Brahms zu dieser Reise zu bewegen. Er selbst, Chirurgie-Professor, Laienmusiker und Italien-Fan findet schon lange: Brahms soll endlich mal was von der Welt sehen. Dieses Arbeitstier! Hat nichts als Noten im Kopf – aber Italien, das "Land der Musik", hat der Hamburger Komponist noch nie gesehen. Das muss sich ändern.

Mit der Eisenbahn bis Rom

Theodor Billroth, Arzt und Freund von Johannes Brahms | Bildquelle: picture alliance / Bildagentur-online | Sunny Celeste Mit Theodor Billroth ging Brahms auf seine erste Italienreise | Bildquelle: picture alliance / Bildagentur-online | Sunny Celeste Johannes Brahms ist gespannt. Ab dem Brenner geht die Reise weiter mit der Eisenbahn – bis nach Rom. Brahms hat sich sogar vorbereitet und Reisebücher gewälzt. Unnötig, wie sich schnell herausstellt. Denn kaum angekommen, navigiert ihn sein Freund Billroth zu allen Sehenswürdigkeiten: Museen, Kirchen, antike Bauwerke. Und Brahms ist überwältigt. Er würde gerne noch in Rom bleiben, aber Billroth drängt weiter: Er will ihm auch Neapel zeigen – und Sizilien. Dort trifft Brahms immerhin sein Patenkind wieder: Felix Schumann, den jüngsten Sohn von Clara Schumann. Der junge Dichter hält sich zur Kur in Palermo auf. Doch schon geht es weiter. Für den Rückweg hat Billroth Florenz und Venedig als Stationen ausgeguckt. Brahms fühlt sich gehetzt und reagiert entsprechend ruppig. Billroth erinnert sich später: "Die Reise mit Brahms war im Ganzen ein grosses Stück Arbeit… Soviel ist gewiss, dass einer (wie Brahms) ein sehr grosser Künstler und guter treuer Mensch, dabei aber fürchterlich unbequem und unträtable sein kann."

Die Reise mit Brahms war im Ganzen ein grosses Stück Arbeit…
Theodor Billroth, Freund und Chirurg

Italienische Musik – nix für Brahms

Neben der Kultur hat Brahms besonders die italienische Küche zu schätzen gelernt. Nach einem köstlichen Abendessen und ein paar Gläschen Wein hatte Brahms in Rom der Köchin des Hauses übermütig einen Heiratsantrag angemacht, den die stolze Römerin erbost abwies: Sie werde niemals einen Barbaren heiraten. So muss Brahms letztlich mit Billroth allein nach Österreich zurückkehren. Aber er hat Feuer gefangen. Acht weitere Italienreisen sollen folgen. Sie tun Brahms nämlich unglaublich gut. Und zwar weil der Komponist in ihm hier – im "Land der Musik" – mal so richtig abschaltet. "Ein wahres Glück, dass die Musik dort nicht entzückend ist", schreibt Brahms später über Italien. "Im Gegenteil schauderhaft! Sonst wüsste man ja nicht, wohin mit seinem Verstand – ein Sinn ruht aus!"

Brahms packt die Italien-Sehnsucht

Frisch ausgeruht und den Kopf voller Ideen bleibt Brahms auf dem Rückweg gleich in Pörtschach am Wörthersee – zum Komponieren. Es wird der produktivste Sommer seines Lebens. Allerdings: Die Italienbücher hat er gleich behalten, um sich noch besser auf die nächste Italienreise mit Billroth vorzubereiten. Und die sollte dann auch etwas harmonischer verlaufen, wie Brahms sich später stolz erinnert: "Bei der zweiten Reise war es schon anders, da machte ich den Cicerone – die erste war nur ein Präludium."

Begonnen 1878 am Wörthersee - inspiriert von Italien? Brahms' Violinkonzert

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Johannes Brahms Violinkonzert D-Dur op. 77 | Bildquelle: nomerodin1 (via YouTube)

Johannes Brahms Violinkonzert D-Dur op. 77

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 08. April 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Montag, 08.April, 11:32 Uhr

Charlotte.slavik@gmx.de

Kalenderblatt Brahms Italienreise.

Eigentlich wollte ich nur den genauen Namen des Reise - initiators herausfinden und entdecke dabei, dass mein Sender Radio 3 (vormals rbb kultur) den Beitrag von Ihnen übernommen hat. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie ich Bayern 3 hier empfangen kann. Seit der Programmänderung ist Radio 3 von 6 - 10 Uhr für Klassikfreunde eine Zumutung. Die neue Chefin der Kulturwelle hat offenbar noch nicht gelernt, dass die jungen Menschen inzwischen ein anderes Hörverhalten haben und sich ihre Musik von Spotify holen. Ein herzliches SERVUS aus Berlin und senden Sie noch lange für die Klassikfreunde. Ch. Slavik

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