Honolulu, 29. Januar 1891: Lili’uokalani wird Königin von Hawaii. Sie ist die letzte Monarchin, bevor die Inselgruppe vom US-Imperialismus geschluckt wird. Und sie ist eine begabte Komponistin. Ihr Lied "Aloha oe" wird zum Welterfolg.
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Bei diesem Lied denkt jeder sofort an Palmenstrände, türkisblaue Wellen und bunte Blumen im Haar:
Aloha oe, lebe wohl,
Mein Liebling in den schattigen Lauben!
Eine zärtliche Umarmung,
bevor ich aufbreche,
bis wir uns wiedersehen.
Elvis Presley hat es geschmachtet, Freddy Quinn zum stolzen Seemannslied gemacht, Johnny Cash mit brüchiger Stimme zum Abschied gesungen. Auf Hawaii erklang das Lied für jedes ankommende und abfahrende Schiff. Es ist aber keineswegs ein Schlager aus den 1950er-Jahren, sondern wurde schon im 19. Jahrhundert komponiert, von einer ungewöhnlichen Frau: von Lili’uokalani, der letzten Königin von Hawaii.
Ich war ein fleißiges Mädchen; und Wissen zu erwerben blieb mein ganzes Leben lang eine Leidenschaft von mir.
Sie stammte aus einer altehrwürdigen hawaiianischen Familie, wuchs im Dunstkreis der Monarchie auf und genoss eine umfassende Schulbildung, Geschichte und Fremdsprachen genauso wie Zeichnen und Nähen. Vielleicht wäre Lydia Kamaka’eha, genannt Lili’uokalani, lieber Musikerin geworden. Sie spielte Klavier und Orgel, Zither und Ukulele, gründete einen Gesangsverein, den "Hui Himeni Kaohuokalani", und wetteiferte mit ihren Geschwistern darum, wer das schönste Lied komponieren könne.
Komponieren ist für mich so natürlich wie Atmen.
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Queen Lili'uokalani - Aloha'Oe
Doch dann blieb der König von Hawaii kinderlos, Lydias wurde zum Nachfolger gewählt, und Lili’uokalani rückte unversehens zur Thronfolgerin auf. Statt Chorproben standen nun Staatsbesuche auf dem Programm, beim amerikanischen Präsidenten und in England bei Queen Victoria. 1891, nach dem Tod ihrer beiden Brüder, wurde Lili’uokalani zur Königin von Hawaii bestimmt.
Doch da war das Südseeparadies schon zum Spielball der USA geworden. Zuckerplantagen-Besitzer und Bananen-Barone waren längst die heimlichen Herrscher der Insel, und als sich Lili’uokalani mit den eingewanderten Ausbeutern anlegte, kam es zum Staatsstreich. US-Marines besetzten die Insel, die Amerikaner riefen die Republik Hawaii aus, und die Königin wurde unter Hausarrest gestellt.
"Die erste Nacht meiner Gefangenschaft war die längste Nacht meines Lebens, und mir schien, die Morgendämmerung würde niemals kommen. Großen Trost in dieser Zeit fand ich im Komponieren. Ich hatte zunächst kein Instrument und musste die Noten allein von meinem Gesang transkribieren."
Statue in Honolulu zu Ehren von Liliuokalani, der letzten Koenigin von Hawaii. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Zwar versuchten Anhänger der Königin noch einmal einen Aufstand, doch die Rebellion scheiterte kläglich. 1895 dankte die letzte Königin von Hawaii ab. Die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens fristete sie von einer kleinen Rente im Haus ihrer Familie, komponierte, engagierte sich für Waisenkinder, schrieb ihre Memoiren: "Für mich selbst hätte ich eher den Tod gewählt, als die Abdankung zu unterschreiben. Aber denken Sie an meine Lage: der Strom von Blut, der fließen würde, wenn er nicht durch meine Feder aufgehalten wurde."
Heute ist das einstmals so stolze Königreich Hawaii nur noch ein abgelegener US-Bundesstaat. Aber in den 150 Liedern, die Lili’uokalani geschrieben hat, lebt es fort.
Das Wasser erinnert an königliche Regentropfen,
Aufgefangen in Taro-Blättern.
Weiche nicht zurück vor deinen Untertanen,
Während du Verantwortung trägst!
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Sendung: "Allegro" am 29. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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