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Rachmaninows "Symphonische Tänze" Sein Abschiedswerk

Philadelphia, 3. Januar 1941. Sergej Rachmaninows "Symphonische Tänze" werden uraufgeführt. Mit diesem Werk nahm der Komponist Abschied von der Welt. Und so fröhlich, wie der Titel klingt, ist die Musik nicht ...

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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"Sie sind mein letzter Funke", sagte Rachmaninow über dieses Werk. Der "letzte Funke" von Sergej Rachmaninow sind seine drei Symphonischen Tänze. Komponiert in Long Island – zwischen erfrischenden Spaziergängen am Meer und einnebelndem Zigarettenrauch am Flügel. Rachmaninow schreibt gleich zwei Fassungen von diesem "letzten Funken": eine für dick besetztes Orchester, inklusive Saxophon und üppigem Schlagwerk. Die zweite für zwei Klaviere. Die spielt Sergej Rachmaninow gemeinsam mit Vladimir Horowitz. Allerdings nur im privaten Rahmen und nur zum Vergnügen. Öffentlich aufgeführt werden die "Symphonischen Tänze" von dem Orchester und dem Dirigenten, denen Rachmaninow das Stück gewidmet hat: dem Philadelphia Orchestra, dirigiert von Eugene Ormandy. Und zwar an diesem 3. Januartag, wobei der Funke da nicht so richtig aufs Publikum überspringt.

Anklänge an russisch-orthodoxe Kirchenmusik

Dabei sind die drei Teile wie ein Spaziergang mit den Ohren durch frühere Werke von Rachmaninow. Diese Art von Melodien-"Recycling" ist übrigens ganz und gar untypisch für ihn: Das Hauptthema der ersten Symphonie steckt drin, es gibt Anklänge an seine russisch-orthodoxe Kirchenmusik. Zudem benutzt Rachmaninow das gregorianische "Dies irae" Motiv, als würde er einen Totentanz komponieren. Überhaupt lassen sich die Tänze lesen wie Abschnitte in Rachmaninows Leben. Und die Satzüberschriften machen den Eindruck, dass wir es hier mit Rachmaninows "Schwanengesang" oder eben "dem letzten Funken" zu tun zu haben, komplett: "Mittag, Abenddämmerung und Mitternacht" hat er die drei Tänze nicht gerade optimistisch betitelt.

Ursprünglich als Ballett geplant

Wieso heißt dieses Opus 45 eigentlich "Tänze", wo das Werk mit drei Sätzen auch als Symphonie gut im Rennen wäre? Rachmaninow hat die Stücke als Ballett geplant. Und der russisch- amerikanische Choreograph Michail Fokine sollte sie für die Bühne umsetzen. Mit Fokine fällt die Wahl auf eine recht große Hausnummer – berühmt geworden mit dem fragil-morbiden Werk "Der sterbende Schwan" mit der Musik von Camille Saint-Saëns. Und mit Fokine wäre die Zusammenarbeit perfekt, so jedenfalls malt es sich Rachmaninow aus: zwei sentimentale russische Auswanderer machen im amerikanischen Exil gemeinsame Sache! Nur stirbt Fokine im Sommer 1942. Und Rachmaninow fehlte es an körperlicher Energie und auch an Willenskraft, um einen Ersatzchoreographen zu engagieren. "Meine Gesundheit ist erbärmlich, ich löse mich rapide auf, ich habe in meinem Leben nicht alles getan, was ich hätte tun können. Und diese Gewissheit macht meine verbleibenden Tage nicht glücklich."

Tamtam als Totenglocke

Nach den Symphonischen Tänzen komponiert Sergej Rachmaninow in seinen rund 400 verbleibenden Lebenstagen nichts mehr. Der pathetische Auftritt des Tamtams im Finale des letzten Tanzes "Mitternacht" wird damit nicht nur zum Einläuten der Geisterstunde, sondern auch zu Rachmaninows Totenglocke.

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Rachmaninoff: Symphonic dances, op. 4 | Mariss Jansons | Bildquelle: 250th Channel (via YouTube)

Rachmaninoff: Symphonic dances, op. 4 | Mariss Jansons

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